Grönland. Heute sind die Grönländer aufgerufen, ihre neue Regierung zu wählen. Das internationale Interesse daran ist groß, nicht zuletzt nach den jüngsten Lockrufen und Drohungen des US-Präsidenten. Der Beitritt zu den USA steht allerdings gar nicht auf dem Wahlzettel. Die Parteien unterscheiden sich aber unter anderem darin, wie eilig sie es mit der Bildung eines selbstständigen Staates haben.

Grönland. Foto Thomas Christiansen
Bei der Wahl 2021 gab es ein Hauptthema: Für oder gegen das Bergbauprojekt Kuannersuit, das massive Auswirkungen auf die Umwelt gehabt hätte. Die Mehrheit der Wähler gab den Parteien Auftrieb, die sich dagegen positioniert hatten. Das war insbesondere Múte B. Egedes linke Inuit Ataqatigiit, die mit 12 von 31 Mandaten zur stärksten Partei wurde. Gemeinsam mit der Partei Naleraq setzte Egede noch im ersten Jahr dieses Wahlversprechen um und das Projekt wurde praktisch im letzten Moment gestoppt. Dann waren die Gemeinsamkeiten dieser Koalition auch erschöpft. Die vergangenen Jahre regierte Egede mit den sozialdemokratischen Siumut, und das Fass Kuannersuit wurde nicht mehr aufgemacht.
Wie die Schätze im Boden zum eigenen Wohl nutzen?
Dass Bergbau dem Land auf dem Weg zur ökonomischen Unabhängigkeit helfen könnte, wird jedoch auch von Egedes Inuit Ataqatigiit anerkannt. Es wurden mehrere Projekte genehmigt, die aber bisher nicht umgesetzt wurden. Bergbau in Grönland ist teuer, unter anderem aufgrund der kaum vorhandenen Infrastruktur. Vor kurzem regte Egede deshalb die (erneute) Gründung einer eigenen grönländischen Bergbaugesellschaft an. Der Regierungspartner, der Siumut-Vorsitzende Erik Jensen, sieht darin Vor- und Nachteile.
Keine Wahlumfragen und Prognosen – wie zufrieden sind die Wähler mit Egede?

Múte B. Egede. Foto Inuit Ataqatigiit
Insgesamt konkurrieren sechs Parteien um die 31 Sitze. Wahlumfragen, wie sie in größeren Ländern üblich sind, gab es in Grönland nicht. Das Wahlergebnis wird also eine echte Überraschung. Wie bewerten die Wähler die Arbeit der Regierung Egede? Der Regierungschef, der seit Weihnachten immer wieder Stellung gegen Trumps Übernahme-Gelüste beziehen muss, erhielt zuletzt große internationale Aufmerksamkeit. Dabei hatte er stets den Willen der Grönlander zu einem eigenständigen Weg betont („nicht Dänen, nicht Amerikaner“). Ein Wahlsieg würde ihm neue Legitimation verschaffen. Weniger international bekannt ist Egedes zäher Kampf für Gleichberechtigung des Landes innerhalb des Nordischen Rates.
Siumut, Kuannersuit und das Fischereigesetz
In der Vergangenheit war die sozialdemokratische Partei Siumut meist stärker gewesen als die linke Inuit Ataqatigiit. Die neue Flughafenstruktur, die jetzt direkte Verbindungen zum Kontinent ermöglicht, geht zurück auf den früheren Siumut-Premier Kim Kielsen. Allerdings hatte Siumut auf die Umsetzung von Kuannersuit gesetzt und damit die Wahl 2021 verloren, sie erhielt nur zehn von 31 Sitzen. Zur Verantwortung von Siumut in der jüngsten Regierung gehörte das neue Fischereigesetz, mit dem allerdings nicht alle zufrieden sind.
Schneller zur Selbstständigkeit mit Naleraq
Möglicherweise spielt jedoch eine andere Partei in Zukunft eine stärkere Rolle: Naleraq, die für eine möglichst schnelle Umsetzung der Unabhängigkeit von Dänemark ist. Naleraq hat zurzeit vier von 31 Mandaten. Eines der prominentesten Siumut-Mitglieder, die Folketing-Abgeordnete Aki-Matilda Høegh-Dam, ist vor kurzem zu Naleraq gewechselt und kandidiert fürs grönländische Parlament. Siumuts Weg zur Selbstständigkeit ging ihr nicht schnell genug.
Naleraq: Kooperation mit den USA, aber kein Beitritt
Der Naleraq-Vorsitzende Pele Broberg findet die Aufmerksamkeit Trumps für Grönland durchaus positiv. Sein Plan ist allerdings nicht, Dänemark gegen die USA einzutauschen, wie er auch explizit bei US News schreibt. Von den USA möchte er lediglich ein Verteidigungsabkommen und mit ihnen Handel treiben. Brobergs Vorbild ist Island, das sich zum Ende des zweiten Weltkriegs von Dänemark lossagte und heute einen hohen Lebensstandard hat. Broberg fordert auch immer wieder eine Definition dazu, wer eigentlich Grönlander ist und überhaupt über die Selbstständigkeit abstimmen darf.
Atassut: Besser Dänemark als Trump?
Das Gegenteil zu Naleraq ist Atassut – die einzige Partei, die grundsätzlich dafür ist, dauerhaft im Verbund mit Dänemark zu bleiben. Sie hat aktuell zwei von 31 Sitzen im Parlament. Dass immer wieder dunkle Punkte aus der dänisch-grönländischen Geschichte ans Licht kommen, so wie die Spiralenkampagne oder jüngst die Kryolith-Doku, könnte eher Naleraq Auftrieb geben. Das aufdringliche Interesse Donald Trumps an Grönland inklusive Drohungen könnte allerdings auch manchen Wähler dazu bewegen, eher Atassut zuzustimmen, die der Meinung sind, die Gemeinschaft mit Dänemark sei besser als Trump.
Früherer Artikel zum Thema: