Grönland. Bis alle dunklen Flecke der grönländisch-dänischen Geschichte ans Licht gebracht und konstruktiv bearbeitet sind, könnte es noch etwas dauern. Nach dem Ende des Verfahrens um die ihren Familien entrissenen Experiment-Kinder hat ein Podcast des Dänischen Rundfunks nun ein neues Experiment bekannt gemacht: Die Spiralenkampagne ab 1966. „Wir hatten keine Möglichkeit, das abzulehnen“, so Naja Lyberth, eine der Betroffenen, damals etwa 14 Jahre alt.
Laut dem Podcast erhielten 4500 Frauen und Mädchen zwischen 1966 und 1970 eine Spirale eingesetzt, darunter auch minderjährige Schülerinnen mit erst 14 Jahren ohne Zustimmung der Eltern. Das ist etwa die Hälfte der Frauen im gebärfähigen Alter damals in Grönland. Diese Spiralenmodelle waren größer als heute und nicht geeignet für so junge Mädchen und Frauen, die noch kein Kind geboren hatten. Naja Lyberth, aufgewachsen in Maniitsoq, erinnert sich daran, wie alle Mädchen ihrer Klasse nach einer Routineuntersuchung des Schularztes ins örtliche Krankenhaus geschickt wurden, um eine Spirale zu bekommen. Sie war damals noch Jungfrau, hatte Angst vor den Instrumenten und empfand den Schmerz „wie ein Messer“. Ihre Eltern wussten von nichts – und nicht einmal die Mädchen untereinander wagten es damals, darüber zu reden.
Zu viele uneheliche Kinder, zu viel Bevölkerungswachstum
Hintergrund dieser Maßnahme war, dass 1965 jährlich 500 Kinder in Grönland unehelich geboren wurden, ein Drittel davon von Frauen unter 20. Es sollte eine Maßnahme der Familienplanung und zur Begrenzung des Bevölkerungswachstums sein. Grönland war damals ein dänisches Amt. Die Rechtsgrundlage für diese Maßnahme wurde von einigen Ärzten sehr frei ausgelegt. Mädchen unter 18 durften ohne Zustimmung der Eltern über Verhütung beraten werden. Dies setzten einige Ärzte so um, dass sie den Mädchen sofort eine Spirale verpassten, zum Beispiel in Maniitsoq. Die letzten dieser verordneten Spirallegungen gab es 1975.
Folgen der Kampagne: Gesundheitsschäden
Für viele erwachsene Frauen, die keine Kinder mehr bekommen wollen, war und ist die Spirale ein Segen. Für die jungen Mädchen, die teilweise noch nicht einmal sexuell aktiv waren, war es eine Katastrophe. Es gab Komplikationen bis zur Unfruchtbarkeit. „Es haben richtig viele reagiert, besonders die, die nun herausfinden, warum sie nicht schwanger werden konnten, warum sie Unterleibsprobleme hatten, warum ihre Eileiter blockiert waren oder warum sie gezwungen waren, sich die Gebärmutter entfernen zu lassen“, berichtet Naja Lyberth bei KNR.
Der Podcast „Spiralkampagnen“ bei DR ist seit dem 6. Mai zu hören. In Grönland schlägt die Geschichte Wellen, und die grönländische Regierung hat eine Erklärung dazu von Dänemark gefordert. Diese ist bisher nicht gekommen.
Ein anderes dänisches Experiment in Grönland wurde aufgearbeitet und die noch lebenden Betroffenen erhielten, wenn auch spät, eine Entschuldigung und eine Entschädigung:
Als ich den Bericht die Tage im Fernsehen mit verfolgte, war ich so schockiert und wütend zugleich. Wie kann eine Regierung nur so skrupellos sein? Gerade Kinder die ohne Begleitung der Mutter zu solch einer Tat ins KH geschickt werden um diesen unschuldigen Geschöpfen eine Spirale die zudem viel zu groß war, setzen zu lassen. Auch die Ärzte die solch ein unterfangen unterstützt hatten, diesen, wenn sie denn noch praktizieren sollten, sofort die Zulassung entzogen werden. Auch eine Art Schmerzensgeld sollten sie zahlen müssen, auch namentlich genannt werden!! Es macht mich einfach nur fassungslos als Frau, Mutter und Oma zugleich. Jede, zumindest fast jede Frau wünscht sich in ihrem Leben irgendwann einmal Mutter zu werden, das ist dann nicht mehr gegeben oder auch die Gebärmutter zu entfernen. Wie korrupt muss man sein? Habe schon lange die Glaubwürdigkeit verloren gegenüber unserer Regierung und das zeigt erneut welche Unverschämtheiten sich die kompletten Regierungen herausnehmen. Was so mit den Jahren an die Öffentlichkeiten kommt, macht mich traurig & fassungslos zugleich.
Ich hoffe so sehr das man diesen Frauen und wenn es nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein mag, ein Schmerzensgeld gezahlt wird. Es wird nie die Angst oder Panik die diese Mädchen & Frauen durchleben mussten entschädigen, doch ein wenig Erleichterung hinterlassen das man nie bei so einem vergehen drum herum kommt.
Kann nur mein tiefstes Mitgefühl den Betroffenen aussprechen, so etwas wünscht man niemandem 🥺