Grönland/Dänemark. War Grönland immer nur ein Zuschussgeschäft für den dänischen Staat? Der Blockzuschuss aus Kopenhagen deckt aktuell etwa die Hälfte des grönländischen Haushalts. Doch das ist nicht die ganze Geschichte, wie eine neue dänisch-grönländische Doku nun zeigt: Gut 130 Jahre lang betrieben wechselnde Unternehmen den Abbau von Kryolith im südgrönländischen Ivittuut am Ende des Arksukfjords. Und daran verdiente des dänische Staat kräftig mit. Darüber berichtete zuerst DR.

Kryolith aus Grönland im Museum in Bonn. Foto Ra’ike/Wikimedia, CC BY-SA 3.0
Kryolith ist ein Mineral, das lange zur Aluminiumherstellung benötigt wurde. Es ist selten, und die Mineralien wurden deshalb auch „weißes Gold “ genannt. Der Abbau lief von 1854 bis 1987. Die Unternehmen zahlten Gebühren an den dänischen Staat. Das letzte Unternehmen dort war die Øresund A/S ab 1940. Dort stieg der Staat auch als Miteigentümer ein, und es zahlte sich für ihn aus, wie die Doku nahelegt. Es waren Dänen, die dort arbeiteten, das Rohmaterial wurde nach Dänemark verschifft und weiterverarbeitet. Inzwischen ist das Vorkommen erschöpft und es gibt auch andere Methoden, um Aluminiumlegierungen herzustellen. Das Loch ist mit Wasser gefüllt.
Dass die Grube früher aber große Bedeutung hatte, zeigte sich auch daran, dass die USA im Zweiten Weltkrieg, als Dänemark von Nazi-Deutschland besetzt war, 600 Soldaten zur Bewachung der Grube abstellten, um den Abtransport des Materials zu den amerikanischen Aluminiumfabriken zu sichern.
Mit heute vergleichbare Summe schwer zu ermitteln
Wie viel genau der dänische Staat daran nun verdient hat, ist allerdings schwierig zu beziffern. Die damals eingenommenen Kronen wären ja heute viel mehr wert, aber es gibt verschiedene Berechnungsmethoden dafür mit unterschiedlichen Bezugsgrößen. Ökonomieprofessor Torben M. Andersen von der Universität Aarhus, der auch in der Doku vorkommt, spricht von einem Umsatz über all die Jahre insgesamt, der heute 400 Milliarden DKK entspräche, etwa 53,6 Milliarden Euro. Andere meinen, die Zahl müsse weit niedriger sein, und man dürfe auch nur auf den Gewinn sehen. So geht der frühere Direktor der Kryolithgesellschaft davon aus, dass Grönland etwa 15 Milliarden heutige DKK, etwa zwei Milliarden Euro, verlorengegangen seien.
Die Macht über Grönlands Bodenschätze
Doch es geht nicht nur ums Geld. Dokumente, die die Doktorandin Federica Scarpa untersucht hat, zeigen auch, wie es in der Vorbereitung der ersten Phase der grönländischen Selbstverwaltung (Hjemmestyre, ab 1979) darum ging, dass die Grönländer eben nicht das Recht an den Bodenschätzen haben sollten. Bei besagten Dokumenten handelt es sich übrigens um Telegramme zwischen dänischen und amerikanischen Diplomaten. Erst 2009 bekam Grönland das Recht an seinen eigenen Bodenschätzen.
Das dänische Selbstverständnis von der „guten Kolonialmacht“
Die Doku von Claus Pilehave und Otto Rosing mit Hauptfigur Naja Graugaard entstand über mehrere Jahre. Dass sie nun zu einer Zeit veröffentlicht wird, in der das Verhältnis zwischen Grönland und Dänemark unter besonderer Beobachtung steht, macht sie umso wichtiger. Kirsten Thisted, Lektorin an der Universitet Kopenhagen, meint, damit werde das dänische Selbstverständnis von Dänemark als „guter Kolonialmacht“ in Frage gestellt.
Dazu gab es auch vorab schon Anlass:
In dem Artikel ‚Als Grönlands weißes Gold Dänemarks Kassen füllte‘ werden nur die wirtschaftlichen Aspekte beleuchtet. Dass viele der Arbeiter in den Kryolith-Minen von Ivittuut früh verstarben findet leider keine Erwähnung. Wie die Grabsteine der aufgegebenen Bergabbausiedlung zeigen wurden die Meisten nicht einmal 50 Jahre alt.
Kryolith ist als akut toxisch und gewässergefährdend eingestuft. Das Einatmen der Stäube führte zu schwersten Lungenkrankheiten der Minenarbeiter.
Der Friedhof wirkt trotz der idyllischen Lage im Arsukfjord sehr beklemmend.