Island. Die kurze Amtszeit des scheidenden Premierminister Bjarni Benediktsson von der Unabhängigkeitspartei endet mit einem Paukenschlag. Gestern wurde die Erklärung veröffentlicht, mit der Bjarni Benediktsson Kristján Loftssons Hvalur Hf eine Lizenz für die Jagd von Finnwalen für fünf Jahre gewährt. Ein anderer Bewerber erhielt eine Lizenz über fünf Jahre für die Jagd auf Minkwale. Die zukünftige Regierung kann somit in ihrer Amtszeit nichts auf diesem Gebiet ändern.
Die Wahl ist entschieden. Kristrún Frostadóttir von der sozialdemokratischen Allianz hat den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten und die Koalitionsverhandlungen mit der liberalen Reformpartei und der Partei des Volkes sollen gut laufen. Bjarni Benediktsson leitet seit Mitte Oktober nur noch eine Übergangsregierung, die keine eigene Mehrheit hat. Er verweist darauf, dass er sich mit der Vergabe dieser Lizenzen nur an geltendes Recht hält. In der Pressemitteilung wird außerdem aufgezählt, dass die Lizenzen seit 2009 mit einer Laufzeit von fünf Jahren vergeben wurden.
Konstellation der Übergangsregierung macht es möglich
Eine echte Überraschung ist die Entwicklung allerdings nicht. Im Oktober war die Dreierkoalition aus Unabhängigkeitspartei, Fortschrittspartei und Linksgrünen auseinandergebrochen, der entscheidende Zug dazu kam von Bjarni Benediktsson. Die Linksgrünen hatten zuletzt unter anderem das Fischereiministerium geleitet. In dieser Position hatten Svandís Svavarsdóttir und später Bjarkey Olsen Gunnarsdóttir versucht, den Walfang strenger zu regulieren, ohne ihn komplett abzuschaffen, wofür sie keine Mehrheit gehabt hätten. Sie traten allerdings nicht in die Übergangsregierung ein. Bjarni Benediktsson besetzte den leeren Posten kommissarisch zunächst mit sich selbst und setzte zur seiner Unterstützung einen gewissen Jón Gunnarsson ein, ebenfalls Mitglied der Unabhängigkeitspartei und ein Freund des als Walfang-Unternehmer bekannten Kristján Loftsson.
Ein Freundschaftsdienst, der nicht sein durfte – und dann doch
Es gab Vermutungen, Jón Gunnarsson könne in seiner Position seinem Freund Loftsson einen Gefallen tun und eine neue Walfang-Lizenz ausstellen. Diese Vermutung wurde noch befeuert von einem offenbar heimlich aufgenommenen Tondokument, in dem Jón Gunnarssons Sohn genau dies ausspricht. Bjarni Benediktsson entschied daraufhin, genau dies dürfe Gunnarsson nicht tun.
Zukünftige Regierung kritischer gegenüber Walfang
Nun hat also Bjarni Benediktsson selbst diese Lizenz vergeben sowie eine weitere, und damit Fakten geschaffen, an denen die neue Regierung zunächst nichts ändern kann. Richtig ist, dass die Lizenzen seit 2009 jeweils für fünf Jahre vergeben wurden. Allerdings hat sich die öffentliche Meinung in dieser Frage zuletzt gewandelt. Zwar sind die Linksgrünen nicht mehr im Parlament vertreten, aber auch die drei voraussichtlich künftigen Regierungsparteien sind kritisch gegenüber dem Walfang.
Quote über 209 Finnwale und 217 Minkwale jährlich
Wie viele Tiere die beiden Walfänger erlegen dürfen, richtet sich nach dem Quotenrat des isländischen Meeresforschungsinstituts, basierend auf den Empfehlungen von NAMMCO (North Atlantic Marine Mammal Council). Für 2025 gilt noch der Quotenrat aus der Periode 2018-2025. Dieser erlaubt eine jährliche Fangquote von 161 Finnwalen im Bereich Westisland/Ostgrönland und 48 Finnwale im Bereich Ostisland/Färöer sowie den Fang von 217 Minkwalen jährlich.
Frühere Artikel zum Thema und zu den Gründen für die stärkere Regulierung:
- Island: Walfang-Lizenz für ein Jahr
- Langsame Behörde bremst Walfang vor Island aus
- Walfang-Moratorium im Sommer 2023 war nicht rechtens
- Island: Tierschutz beim Walfang überhaupt möglich?
Diese Entscheidung ist eine Katastrophe für die Wale und den Naturschutz insgesamt. Den wenigen reichen Walfängern des Landes ist es gelungen, in den letzten Stunden der Übergangsregierung politischen Einfluss zu nehmen. Wir sind empört über diese höchst umstrittene und übereilte Entscheidung der isländischen Regierung. Angesichts aller vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse hätte diese Lizenz niemals erteilt werden dürfen: Wale sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Ökosystems und müssen vor dem Aussterben geschützt werden. Studien haben zudem immer wieder belegt, wie grausam der Walfang an sich ist. Es gibt keine ethisch vertretbare Möglichkeit, Wale auf See zu jagen und zu töten.