Schweden: Northvolt-Schwert über Stahlwerk Stegra

Boden (Schweden). Wiederholt sich die Megapleite von Northvolt bei einem anderen nordschwedischen Megaprojekt, dem Stahlwerk von Stegra in Boden? Auch dort muss Geld nachgeschossen werden, der Start der Produktion wurde um ein paar Monate verschoben, und jetzt trat auch noch der Vorstandsvorsitzende zurück. Es gibt mehrere Analogien zwischen diesen beiden Projekten. Darüber berichteten SVT und SR

Noch ist die Anlage von Stegra bei Boden im Bau – so soll sie einmal aussehen. Quelle Stegra

Es waren mehrere große, teure Industrieprojekte in Nordschweden, die zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen sollten:  Weg von fossilen Energieträgern, und daran gut verdienen. Man sprach von „den gröna omställningen“, der grünen Umstellung, wenn man von Batterieproduktion und fossilfreier Stahlherstellung sprach. Alles selbstverständlich ermöglicht durch Nordschwedens günstigen Strom aus regenerativen Quellen wie Wasser- und Windkraft.

Stahlwerk Stegra braucht mehr Geld

Das erste, am weitesten fortgeschrittene Projekt ist bekanntlich gescheitert, die Batteriefabrik Northvolt. Nun sieht es aus, als würde auch das geplante Stahlwerk Stegra straucheln, manchen vielleicht noch bekannt als H2 Green Steel. Stegras Stahlwerk wächst vor den Toren der Stadt Boden nahe der Erzbahn. Dort soll Stahl mithilfe von Wasserstoff statt Kohle produziert werden, das zukünftige Werk beinhaltet sowohl den Elekrolyseur zu Wasserstoffproduktion als auch Lichtbogenofen und Walzwerk für den Stahl. Ende 2026 oder Anfang 2027 soll die Produktion starten. Aktuell ist man aber noch auf der Suche nach mehr Geld: 10 Milliarden SEK, umgerechnet 910 Millionen Euro, werden aufgrund unvorhergesehener Ausgaben und Kostensteigerungen noch gebraucht.  Dass Großprojekte länger dauern und teuerer werden, ist allerdings nicht ungewöhnlich.

Analogien Northvolt und Stegra

Die Insolvenz von Northvolt ist in Schweden noch gut in Erinnerung. Angesichts erster Negativ-Meldungen von Stegra entstand deshalb schnell Misstrauen und die Sorge, ein solcher Crash könne sich wiederholen. Nicht zuletzt deshalb, weil es einige Analogien zwischen den Projekten gibt. So gehören Investor Harald Mix und seine Investmentfirma Vargas zu den Gründern von Stegra, waren aber auch an Northvolt beteiligt. Dass Mix sich gerade von der Position des Vorstandsvorsitzenden zurückgezogen hat und auch zwei weitere Vorstandsmitglieder abgesprungen sind, war deshalb Anlass für Diskussionen – und gestern soll es bei Stegra auch ein Krisentreffen gegeben haben.

Mehr Geld vom Just Climate Fonds

Bekannt wurde allerdings auch, dass der vom ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore mitgegründete Just Climate Fonds noch mehr Mittel zuschießen will und dann größter Eigner wird. Shaun Kingsbury, CBO von Just Climate, ist bereits Vorstandsmitglied und soll neuer Vorstandsvorsitzender bei Stegra werden. 

Weitere Analogien zwischen Northvolt und Stegra

  • Sowohl Northvolt als auch Stegra plan(t)en den Einstieg sofort in einem großen Maßstab. Dabei gab/gibt es bereits Abnehmer für die Produkte – die Produkte müssen aber auch erst einmal hergestellt werden. Northvolt ist unter anderem auch deshalb gescheitert, weil es länger dauerte als geplant, den anspruchsvollen Produktionsprozess mit der erforderlichen Qualität in Gang zu bekommen. Auch Stegra startet mit einer Technologie, die in diesem Maßstab nicht Routine ist. Dabei besteht ebenfalls die Gefahr, dass das vorhandene Geld aus ist, bevor welches verdient wird. 
  • Der hohe Druck, schnell fertig zu werden, um endlich Geld zu verdienen, kann zu Fehlern führen, die zeitintensiv zu reparieren sind. 
  • Die äußeren Umstände haben sich verändert. Zwar besteht weiterhin die Notwendigkeit, den Kohlendioxidausstoß zu verringern, um die Schäden durch ein sich wandelndes Klima im Grenzen zu halten. Das Thema ist jedoch weniger im Vordergrund als früher, was auch die Investitionsbereitschaft und die Nachfrage nach den Produkten beeinträchtigt.
  • In beiden Fällen haben Erfolg und Scheitern erhebliche Auswirkungen auf die betroffenen, vergleichsweise kleinen Kommunen (Skellefteå/Boden). 

Unterschied zum Hybrit-Projekt von LKAB/SSAB

Zu den Projekten der „grünen Umstellung“ gehört auch die geplante fossifreie Stahlerzeugung in der Kooperation von LKAB und SSAB. Auch hier gibt es Verzögerungen, zum Beispiel bei der Genehmigung der in Malmberget geplanten Demonstrationsanlage. Allerdings wurde hier der technische Prozess, „HYBRIT “ genannt (Hydrogen Breakthrough Ironmaking Technology) zuvor schon in einer Pilotanlage erforscht, inklusive der Wasserstofflagerung. Außerdem sind LKAB und SSAB etablierte Unternehmen, die bereits kontinuierlich Geld verdienen und die Umstellung größtenteils selbst finanzieren.

Frühere Artikel zum Thema:

Dieser Beitrag wurde unter Energie, Klima, Schweden, Wirtschaft veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert