Finnland. Der große Tag ist gekommen: Mit zwölf Jahren Verspätung und nach einer Vervielfachung der Baukosten ist der finnische Reaktor Olkiluoto 3 in der Nacht zu Dienstag angefahren worden. Vergangene Woche hatte die Betreiberfirma TVO die Genehmigung dazu erhalten.
Olkiluoto 3 ist der erste neue Reaktor in Westeuropa seit 15 Jahren und machte bisher vor allem mit Verspätungen und Pannen von sich reden. Der Europäische Druckwasserreaktor sollte für drei Milliarden Euro vom Konsortium Areva/Siemens schlüsselfertig bis 2009 erstellt werden. So ist es bekanntlich nicht gekommen. Vergangene Woche erhielt die Betreibergesellschaft TVO nun aber tatsächlich die Genehmigung zum Anfahren des Reaktors. Der Prozess wird von der finnischen Strahlenschutzbehörde überwacht, die auch die nächsten Stufen erst genehmigen muss. Ende Januar wird voraussichtlich das erste Mal Strom ins Netz eingespeist, im Juni soll das Kraftwerk mit voller Last laufen. Der Reaktor hat eine elektrische Leistung von etwa 1600 MW.
Finnland musste bisher viel Strom importieren
Bisher muss Finnland häufig Strom aus den Nachbarländern Schweden und Russland importieren. Diese Lücke dürfte nun schrumpfen. In Finnland gilt Atomkraft vielen als klimafreundlich, nach Meinungsumfragen wird Atomkraft so positiv gesehen wie lange nicht, und die finnische Regierung gehörte auch zu denen, die versuchten, bei der EU eine entsprechende grüne Einstufung für Atomkraft zu erwirken.
Olkiluoto 3 liegt in der Kommune Eurajoki nördlich von Rauma in Südwestfinnland. Daneben stehen noch zwei ältere Reaktoren, von denen einer im vergangenen Jahr nach einem Unfall heruntergefahren werden musste. Inzwischen läuft er wieder. Zwei weitere Reaktoren befinden sich in Loviisa in Südfinnland. Atomkraft deckt zurzeit knapp ein Drittel des finnischen Strombedarfs, im Jahr 2020 waren es 27 Prozent.
Endlager in Onkalo
Die Endlager-Frage ist in Finnland schon entschieden: Es wird in Onkalo gebaut, ganz in der Nähe des Kraftwerks Olkiluoto. Dort werden Tunnel in den harten Berggrund gegraben. 50 Kilometer sollen es werden. In fünf Jahren soll es in Betrieb gehen. Der bisher zwischengelagerte Abfall soll in Kupferkapseln verpackt eingelagert werden.
Pläne für Hanhikivi gehen weiter
Ein weiteres Atomkraftwerk soll ein Stück südlich von Oulu auf der Halbinsel Hanhikivi entstehen. Die Umsetzung hinkt der ursprünglichen Zeitplanung ebenfalls hinterher. Der Reaktor sollte vom russischen Partner RAOS kommen, einer Tochter von Rosatom. Allerdings war die finnische Strahlenschutzbehörde bisher nicht zufrieden mit den Unterlagen. 2022 will Betreiber Fennovoima aber soweit sein, dass der Bauantrag für den Reaktor gestellt werden kann. Auf der Halbinsel sind bereits zahlreiche Nebengebäude entstanden. Es gibt inzwischen Bedenken im Verteidigungsministerium, weil man sich mit dem Reaktor aus Russland abhängig machen könnte. Nach aktuellem Stand soll der Reaktor 2029 ans Netz gehen.
Das Atomkraftwerk selbst ist nur ein Teil des nuklearen Energiesystems. Der Abbau des Brennstoffs ist weder klima- noch umweltfreundlich, meinten jüngst die Grönländer und wählten mehrheitlich eine Regierung, die versprach, den Uranabbau im Land zu verhindern. Das ist inzwischen umgesetzt:
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