Schweden und Finnland: Die Nato-Mitgliedschaft und die Kurdenfrage

Schweden/Finnland.  Nun ist es richtig offiziell: Finnland und Schweden wollen die Mitgliedschaft bei der Nato beantragen, gemeinsam, in diesen Tagen. Die größte Hürde für die Aufnahme dort ist offenbar der türkische Präsident Erdogan, der Schweden und Finnland als Brutstätten des „Terrorismus“ bezeichnet. Das bezieht sich hauptsächlich auf Mitglieder kurdischer Organisationen.

Amineh Kakabaveh

 Kurdin Amineh Kakabaveh, Mitglied des schwedischen Parlamentes. Foto Sveriges Riksdag

Der finnische Präsident Sauli Niinistö und Premierministerin Sanna Marin hatten den Beschluss bereits am Sonntag verkündet. Im Parlament wurde aber gestern noch einmal lebhaft dazu diskutiert. Auch das schwedische Parlament diskutierte gestern, danach verkündeten Premierministerin Magdalena Andersson (Sozialdemokraten) und Oppositionsführer Ulf Kristersson (Moderate) den Bescheid.

Die schwedischen Sozialdemokraten hatten am Sonntag über die Nato-Frage abgestimmt und dabei eine historische Kehrtwende vollzogen. Die Sozialdemokraten hatten allerdings zwei Vorbehalte: Auf schwedischem Territorium sollen keine Atomwaffen und keine dauerhaften Basen platziert werden. Andersson verwies im Agenda-Interview darauf, dass diese Bedingung auch von Norwegen und Dänemark gestellt und akzeptiert wurde. Die norwegische Basen-Politik wurde allerdings in den vergangenen Jahren insofern aufgeweicht, indem dem US-Militär immer mehr Platz auf norwegischen Basen eingeräumt wird.

Erdogan stellt Bedingungen

Ist das Gesuch formell abgeliefert, müssen alle Mitgliedsländer zustimmen. Dafür waren Andersson und Marin schon gemeinsam unterwegs gewesen und hatten in einigen Ländern vorab sondiert. Ein Hindernis ist nun offenbar der türkische Präsident Erdogan: Finnland und Schweden beherbergten „Terroristen“ – sogar im Parlament. Nach Medienberichten fordert er für die Anerkennung die Auslieferung von Personen, die angeblich Mitglied der PKK und anderen Gruppen sein sollen. Nicht zufrieden ist Erdogan auch mit dem Waffenexportverbot, das Schweden und Finnland gegen sein Land verhängt haben – wegen des türkischen Angriffs auf die Kurden in Nordwest-Syrien.

Kurdin im schwedischen Parlament

Der Umgang der Türkei mit den Kurden war eins der Argumente gegen die Nato in Schweden. Die Kurdin im schwedischen Parlament ist Amineh Kakabaveh – geboren im Iran, ehemalige Kindersoldatin für die Peschmerga, flüchtete als Jugendliche nach Schweden, feministische und antirassistische Aktivistin, früher Mitglied der Linkspartei, jetzt unabhängig. Ihrer (zusätzlichen) Stimme verdankt Magdalena Andersson übrigens bei den sehr knappen Mehrheiten im schwedischen Parlament ihre Wahl ins Amt.

Putin: Mitgliedschaft allein noch keine Gefahr

Anlass für den Meinungsumschwung zum Thema Nato in Finnland und Schweden ist bekanntermaßen der Einmarsch Russlands in die Ukraine. Von Russland hatte es bisher Drohungen und provokative Luftraumverletzungen gegeben, und Finnland bekommt jetzt keinen Strom mehr von dort. Nun äußerte der russische Präsident Putin allerdings, die Nato-Mitgliedschaft Schwedens und Finnlands sei noch keine Gefahr für Russland – es komme darauf an, ob nun auch die militärische Infrastruktur im Zusammenhang mit der Nato ausgeweitet werde, also Basen und die Stationierung von Raketen. Dann werde man entsprechend reagieren.

Früherer Artikel zum Thema:

Finnland und Schweden: Der Fahrplan zum Nato-Beitritt

Dieser Beitrag wurde unter Finnland, Militär, Politik, Russland, Schweden veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert