Grönland. Hat Grönlands Außenministerin Ane Lone Bagger etwa mit den USA über eine Abstimmung verhandelt, die Grönland von Dänemark trennen soll? Nein, hat sie nicht. Der entsprechende Brief, der im Internet kursiert und die suggeriert, ist eine Fälschung. Über den Urheber wird nun spekuliert. Darüber berichtete Politiken.
Der Brief wurde im Zusammenhang mit einem Artikel auf Reddit veröffentlicht, dort wurde er aber offenbar inzwischen entfernt. Er sieht aus, als sei er auf dem offiziellen Briefpapier der grönländischen Regierung (Naalakkersuisut) verfasst und trage die originale Unterschrift von Ane Lone Bagger. Wäre er echt, wäre er eine Bombe. Denn es geht um ein Referendum, das stattfinden soll um Grönland von Dänemark zu lösen, wobei sie einen positiven Ausgang vorhersagt, und über Grönlands zukünftiges Verhältnis zu den USA als „organized non-aligned territory“. Außerdem bittet sie um Geld, da die Kosten für die Vorbereitung dieses Events die Planungen überschritten haben. Das dänische Außenministerium hat erklärt, der Brief sei eine Fälschung. Ane Lone Bagger ist gerade mit dem dänischen Außenminister in den USA, um Mike Pompeo zu treffen.
Perfektes Timing zur US-Charmeoffensive
Der Fake-Brief trifft auf ein heißes Pflaster. International mögen die Schlagzeilen um das US-Interesse an Grönland verschwunden sein, doch sowohl in Dänemark als auch in Grönland hat die Diskussion Folgen gehabt. Denn es gibt bekanntlich durchaus Gruppierungen in Grönland, die lieber früher als später Dänemark den Rücken kehren würden, und sich fragen, ob man mit den USA nicht besser dran wäre. Und die Bemühungen der USA um Grönland sind offensichtlich: Die US-Botschafterin in Kopenhagen war häufig zu Gast, nun wird eine eigene US-Botschaft in Nuuk eingerichtet, und erst vor kurzem war eine amerikanische Delegation in Grönland, unter der Führung eines gewissen Ulrich Brechbuhl, in den Medien auch „Pompeos Bulldogge“ genannt.
Gedankenspiel: Kampf um Grönlands Herzen
Der Fake-Brief passt auch zu dem Gedankenspiel, das der verteidigungspolitische Berater Ulrik Tarp Jensen vor kurzem in Altinget.dk entwarf: Eine langfristige Strategie, Grönland aus der Rigsfælleskab zu locken und an sich zu binden, nicht mit Waffen, sondern mit einem geschickt eingefädelten „Kampf um die Herzen“. Es sind immerhin nur 56 000 Personen, die überzeugt werden müssen. Von Vorteil ist auch, dass Dänemark NATO-Partner ist, die USA für seinen wichtigsten Partner hält und alles mitteilt. Manche Teile des Gedankenspiels erinnern an die übliche US-Taktik zum Regime Change, andere an die Krim.
Werbung für die Rigsfælleskab
Die neue dänische Regierung unter Mette Frederiksen hat bisher stets deutlich gemacht, dass sie das Verhältnis zu Grönland und den Färöer neu gestalten und die beiden Länder auch außenpolitisch mehr einbinden will. Die gemeinsame Reise von Kofod und Bagger ist ein Signal in diese Richtung. Es sieht aus wie ein Werben für die Rigsfællesskab. Denn Dänemark kann Grönland weder verkaufen noch ausstoßen. Grönland kann aber freiwillig gehen.
Über den Urheber des Fake-Briefes wird natürlich gerätselt und die üblichen Verdächtigen wurden bereits genannt. Während der Brief ziemlich treffsicher dazu geeignet ist, Misstrauen zwischen den Beteiligten zu säen, soll der Rest des Artikels eher nicht so informiert gewesen sein. Die Episode zeigt jedenfalls, dass das Thema keineswegs ad acta liegt.
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