Grönland. Eigentlich sollte niemand jemals mehr Camp Century zu Gesicht bekommen. Die ehemalige amerikanische Militärbasis liegt tief unter Eis in Nordwestgrönland. Aufgrund der Klimaerwärmung könnte es sein, dass irgendwann auch dieses schmilzt. Zumindest ein Problem damit kann man wohl von der Liste streichen: Vom damaligen Reaktor war keine Radioaktivität in einem Eisbohrkern zu finden.
Mit dem Bau des Camps war 1959 begonnen worden, es war eine komplette Stadt unter dem Eis, mit Energie versorgt durch einen Atomreaktor. Vom eigentlichen Zweck, der Stationierung von Atomraketen, ahnte auch die dänische Regierung nichts. Weil das Eis sich zu sehr bewegte, wurde das „Projekt Iceworm“ auch nie fertig umgesetzt, und 1966 wurde Camp Century verlassen. Der Reaktor wurde abtransportiert, andere Überreste liegen noch im Eis. 2016 warnte eine Studie vor den Umweltgefahren, die davon ausgehen. 2017 untersuchte deshalb eine Gruppe von Wissenschaftlern des dänischen geologischen Instituts GEUS (Nationale Geologiske Undersøkelser for Danmark og Grønland) die Stelle und richtete dort auch Instrumente zur Klimaüberwachung ein. Die Hinterlassenschaften des Camps suchte man mit Radar. Das erste Ergebnis der Gruppe nach 82 Tagen auf dem Eis war, dass der Abfall offenbar weiter gestreut war als erwartet, wie KNR berichtet – sowohl horizontal als auch vertikal, zwischen 30 und 95 Metern Tiefe.
Ihre Messungen ergaben außerdem, dass an dieser Stelle Grönlands zurzeit immer noch mehr Schnee fällt als wegtaut und ein Wiedersehen mit dem Camp so bald also nicht ansteht. Die dort gemessenen Daten können unter http://www.campcenturyclimate.dk eingesehen werde.
Keine Spuren vom Reaktor – aber von den damaligen Atomtests
Und nun liegt auch der Bericht der Nuklearwissenschaftler der Technischen Universität Dänemark vor, die den damals gezogenen 175 Meter langen Eisbohrkern ausgewertet haben. Diese haben zwar durchaus radioaktive Isotope zur fraglichen Zeit gefunden. Deren Zusammensetzung deute jedoch darauf hin, dass sie aus den Atomtests stammen, die damals sowohl die USA als auch die Sowjetunion durchführten, so die Forscher. Der Reaktor, der von 1960 bis 1964 lief, hat dagegen offenbar nichts in die Luft entlassen, was heute noch nachweisbar wäre.
Bekannt ist allerdings, dass dem US-Militär beim Rückzug erlaubt wurde, schwach radioaktives Kühlwasser im Eis zu entsorgen, das dann natürlich gefror. Einer der damaligen Experten sagte bei KNR, es sei nicht sehr stark radioaktiv gewesen und richte dort keinen Schaden an.
Früherer Artikel zum Thema:
Camp Century: Kalter Krieg im Eis
Video zu Camp Century und der Untersuchung auf dem Eis: