Tromsø (Norwegen). Aktuell kann zwar kein einziger Tourist nach Tromsø. Doch in Nordnorwegens größter Stadt wird bereits um die Zeit nach Corona gestritten. „Arctic Center“ sollte eine neue Alpinskianlage auf Kvaløya werden, zum Plan gehört ein Hotel, Ferienwohnungen und ein Hüttendorf. Für die einen ist es die Rettung des Tourismus, für die anderen überdimensioniert und eine Zerstörung der Natur. Morgen soll darüber abgestimmt werden.
Tromsøs Besucherzahlen gingen in den vergangenen Jahren immer weiter nach oben. Die Stadt ist zu normalen Zeiten gut erreichbar und hat viel zu bieten. Dazu gehört nicht zuletzt die Berglandschaft gleich vor der Tür und im Winter das Polarlicht. Arctic Center sollte die Berge noch besser zugänglich machen. Von Håkøybotn auf Kvaløya aus sollte das Gebiet erschlossen werden, das die Norweger Finnheia und die Samen Rávdnjemuotki nennen. Es soll mehrere Lifte geben, sodass man nicht mehr zu Fuss auf den Lille Blåmann klettern muss. Ein komplett neues Freizeit- und Feriendorf soll dort entstehen, mit rund 350 Hütten, Hotel, Konferenzräumen und Ferienwohnanlagen.
Bis jetzt: Ausflugsziel der Einheimischen und Rentierweide
Bisher ist das naturbelassene Gebiet ein beliebtes Ausflugsziel der lokalen Bevölkerung zu jeder Jahreszeit. Außerdem ist es ein Winterweidegebiet für Rentiere. Deren Möglichkeiten sind gerade durch einen Windpark auf Kvaløya eingeschränkt worden. Historisch war es ein Sommerweidegebiet nordschwedischer Samen, bis ihnen neue Staatsverträge das untersagten. Der norwegische Sameting hat sich gegen das Projekt ausgesprochen.
Es gibt selbstverständlich schon einen Lift in Tromsø (außer dem Fjellheisen), den Alpinpark in Krokdalen („Kroken“). Es gibt aber eben auch jene Skifahrer und im Sommer Wanderer, die den Fussweg auf Lille Blåmann in Kauf nehmen als Teil eines Naturerlebnisses, und die gar nicht erpicht sind auf einen Lift dort. Und noch weniger auf 350 neue Hütten.
Bürgermeister ist befangen
Ideen in Richtung Alpinskianlage und Tourismus gab es schon seit Jahrzehnten – und es wurde nie etwas draus. Diesmal sah es aus, als würde es klappen, nicht zuletzt ist der örtliche Bürgermeister daran beteiligt (und deshalb befangen). Seine Partei (Arbeiderpartiet, Ap) trug das Vorhaben bisher mit, einige aus der Fraktion haben es sich jedoch vergangene Woche anders überlegt. Seitdem wird in den lokalen Medien (Nordlys und iTromsø) über Meinungsartikel besonders erbittert und kontrovers gestritten. Die einen meinen, nach der Corona-Krise habe der Tourismus ein neues Projekt erst recht nötig. Die anderen halten es für einen Schritt in die falsche Richtung. Die Kommunestyre-Abstimmung ist für Mittwoch angesetzt – im „Fjernmøte“, also einem virtuellen Treffen. Wann die ersten Touristen wieder ganz persönlich nach Tromsø reisen können, ist aktuell völlig unklar.
Nachtrag: Das Hüttendorf wurde in der Abstimmung abgelehnt und damit ist das Projekt gestorben,
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