Grönland. Vor einem Jahr beobachteten Forscher auf der ganzen Welt neun Tage lang ein bestimmtes seismisches Signal alle 90 Sekunden. Wie nun in einem Artikel in Science dargelegt wird, war der Auslöser ein gewaltiger Erdrutsch im ostgrönländischen Dickson-Fjord. Dieser verursachte einen Tsunami mit bis zu 200 Meter hohen Wellen. In dem engen, verwinkelten Fjord wurde das Wasser dabei hin- und her geworfen – neun Tage lang, eine sogenannte Seiche.
„Als wir uns auf dieses wissenschaftliche Abenteuer begaben, hatten wir nicht die geringste Idee, was dieses Signal verursachte“, so berichtet Hauptautor Kristian Svennevig von GEUS (Nationale Geologische Untersuchungen für Dänemark und Grönland) in der Pressemitteilung des Instituts. „Wir konnten dieses Rätsel nur durch einen riesigen, fachübergreifenden und internationalen Einsatz lösen.“ 68 Wissenschaftler aus 40 Institutionen in 15 Ländern arbeiteten zusammen, kombinierten Seismometer- und Infraschalldaten, Vor-Ort- und Satellitenbilder und Simulationen. Die Siriuspatrouille des dänischen Militärs war nach dem Ereignis im Fjord und machte Fotos von der kollabierten Berg- und Gletscherfront und von den Spuren, die der Tsunami hinterlassen hatte.
Erster bekannter Erdrutsch mit Tsunami in Ostgrönland
Aus Westgrönland kennt man bereits die Tsunamigefahr, die von Erdrutschen verursacht werden kann. Bei einem Ereignis 2017 im Karratfjord kamen vier Menschen ums Leben. Zwei Orte dürfen deshalb nicht mehr bewohnt werden. Der Erdrutsch mit Tsunami aus dem September 2023 ist das erste bekannte Ereignis in Ostgrönland. 25 Millionen Kubikmeter Stein und Eis waren in den Dickson-Fjord gerutscht. Durch das Ereignis in dem abgelegenen, menschenleeren Fjord wurde niemand verletzt, allerdings wurde 70 Kilometer entfernt die Messeinrichtung auf der Ella-Insel sowie archäologisches Kulturerbe längs des Fjords beschädigt. Der Fjord wird auch gelegentlich von Kreuzfahrtschiffen angelaufen, zu dieser Zeit befand sich jedoch keins darin.
Gletscher am Berg war ausgedünnt
Zum Start dieses Erdrutschs trug ein ein inzwischen bekannter Katalysator bei, wie die Forscher feststellten: Der Kollaps der Bergspitzen wurde vom Ausdünnen des Gletschers darunter verursachte – befördert durch den Klimawandel.
Über die Puzzlearbeit, um das seismische Signal zu identifizieren, berichtet Co-Autor Stephen Hicks im Video (englisch):