Schweden. Ein schwedisches Regierungsmitglied hat in seiner „nahen Verwandtschaft“ eine Person, die in der Neonaziszene aktiv ist. Diese Person ist immer noch minderjährig. Die Nachricht des Medium der antirassistischen Stiftung Expo, ohne Nennung eines Namens, schlug ein wie eine Bombe. Zwei Wochen später weiß jeder: Es handelt sich um Migrationsminister Johan Forssell von den Moderaten und seinen heute 16-jährigen Sohn.
Wie Expo-Reporter Erik Glaad gegenüber P3 Krim berichtet, seien sie bei ihren Recherchen über die rechtsextremen Aktivklubs auf den Ministersohn gestoßen. Nach den Recherchen von Expo war der damals 15-Jährige zuerst in der rechtsextremen Bewegung „Det fria Sverige“, abgekürzt DfS, (Übersetzung: Das freie Schweden) engagiert und hatte dort eine aktive Rolle. Einer seiner engen Weggefährten damals wanderte weiter zur Neonazibewegung „Nordiska Motstandsrörelsen“ (NMR), die in Finnland verboten ist und in den USA als terroristische Organisation eingestuft wird, der Kontakt soll weiter bestehen. Der damals 15-Jährige engagierte sich stattdessen in der Bewegung Aktivklubb Sverige. Dabei handelt es sich laut der schwedischen Sicherheitspolizei Säpo um Clubs mit „einer deutlichen Anknüpfung an gewaltbejahenden Rechtsextremismus. Rassenideologische Ideen stehen im Vordergrund und physisches Training wird genutzt, um das Gewaltkapital der Gruppe zu stärken. Die Bewegung ist stark von Maskulinitätsnormen geprägt. “
Von der anonymen Meldung zur Namensnennung
Expo hatte weder Namen, Geschlecht noch Verwandschaftsgrad genannt. Schließlich handelte es sich um einen Angehörigen und nicht um den Minister selbst und die Person war immer noch minderjährig. Auch die anderen großen Medien hielten sich zunächst daran. Es war allerdings schnell kein Geheimnis mehr, um wen es ging, und Västerbottens Kuriren war das erste größere Medium, das in einem Kommentar den Namen des Ministers (nicht des Sohnes) nannte. Mit einem Grund: Migrationsminister Johan Forssell ist eins der Regierungsmitglieder, die besonders häufig von der elterlichen Verantwortung sprechen.
Wie weit reicht die elterliche Verantwortung?
Die aktuelle Regierung ist außerdem dabei, das Aufenthaltsrecht und Sicherheitseinstufungen an das persönliche Verhalten und geäußerte Meinungen zu koppeln. Kontakte von Angehörigen zu einem extremistischen, gewaltbereiten Milieu gehören explizit zu den Dinge, die dabei untersucht werden. Gerade Forssell warf Eltern von problematischen Jugendlichen vor, der Verantwortung nicht gerecht geworden zu sein. Als Forssell sich schließlich selbst den Medien stellte – in einem Morgeninterview auf TV4 – musste er sich die Frage nach der eigenen Verantwortung gefallen lassen. Er schwächte seine eigenen Aussagen ein bisschen ab – es ginge darum, „es zu versuchen“. Laut Forssell hat der Sohn das Milieu nach längeren Gesprächen verlassen.
Erst von Expo über Aktivitäten des Sohnes informiert?
Forssell hat nach eigenen Aussagen erst durch den Anruf des Expo-Reporters vom rechtsextremen Engagement des Sohnes erfahren. Expo informierte auch Säpo, die Sicherheitspolizei. Es gibt Leute, die Forssells Aussage dazu bezweifeln. Johan Forssell sei zumindest einem der Social-Media-Konten des Sohnes gefolgt, und die Posts seine deutlich genug gewesen. Wie Expo-Reporter Gaad im Interview mit P3 Krim berichtet, habe Forssell zwar nicht auf seine Fragen geantwortet, aber bei seinem früher offenen Social-Media-Konto seien nach der Anfrage mehrere Einstellungen verändert worden, sodass man dessen Aktivitäten nicht mehr so gut verfolgen konnte.
Unterschiedliche Rezeption der Medien
In den Kommentarspalten der Medien kann man nun unterschiedliche Haltungen finden: solche, die die Aktivitäten des Jugendlichen verharmlosen, solche, die die Namensnennung kritisieren, solche, die die Doppelmoral Forssells und der Regierung benennen und nicht zuletzt solche, die es bedenklich finden, dass Expo besser informiert ist als Säpo.
Forssell hat sich verbal vom Rechtsextremismus distanziert
Forssell selbst hat sich explizit verbal vom Rechsextremismus distanziert. Die Regierung, der er angehört, aus Moderaten, Christdemokraten und Liberalen, ist für Mehrheiten jedoch angewiesen auf die nationalistischen Schwedendemokraten, deren Neonazi-Wurzeln selbst im eigenen, jüngst veröffentlichten Weißbuch nachzulesen sind.
Zur schwedischen Regierungskonstellation:
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