Finnland. Die finnische Region Kainuu hat viel Wald und Seen, Nationalparks und im Winter immer noch vergleichsweise zuverlässig Schnee. Aus mitteleuropäischer Perspektive liegt sie ziemlich weit nördlich und man hat durchaus Chancen auf Polarlichter. Kainuu ist allerdings weder Lappland noch die Arktis. Modernes Marketing ist da nicht so genau – und Touristen, die ihre Recherche zu spät anstellten, fühlten sich getäuscht. Ein Kommentar.
Im Oktober berichtete Helsingin Sanomat von britischen Touristen, die Ferien in „Lappland“ bei TUI gebucht hatten. Sie waren geschockt, als sie feststellten, dass ihr Hotel ziemlich weit weg war von „Lappland“, beschuldigten TUI der Irreführung und sagten die Reise ab. Ähnliches berichtete Anfang Dezember Daily Mail. Statt nach Lappland, dem nördlichsten finnischen Verwaltungsbezirk Lapin lääni, in dem Rentierhaltung praktiziert wird, wären sie in die Region Kainuu gereist, südlich davon und östlich von Oulu im „Oulun lääni“. Beworben wurde das trotzdem als „Lappland“. TUI-Vertreter begründeten das gegenüber den Medien damit, dass man dort dieselben Winteraktivitäten wie in Lappland anbiete – mit Rentieren, Huskies oder Schneemobilen und Weihnachtsmann. Kainuu hatte in diesem Jahr auch noch das Pech, dass der Schnee zeitweise wieder wegtaute und einige Flüge wegen Schneemangels abgesagt werden mussten.
Geografische Fakten sollten respektiert werden
Es ist grundsätzlich eine gute Idee, Touristen in Nordfinnland besser zu verteilen, sodass auch Regionen davon profitieren, die bisher nicht so überlaufen sind wie Rovaniemi und Umgebung. Man kann sich auch lustig machen über Leute, die einen Urlaub für mehrere Tausend Pfund oder Euro buchen und nicht einmal vorher googeln, wo ihre Unterkunft eigentlich liegt. Man kann sich außerdem fragen, ob ihr Urlaub an einem nördlichen Ort, den sie vorher nicht kannten, wirklich so viel schlechter gewesen wäre als der an einem anderen, noch etwas nördlicheren Ort, den sie vorher nicht kannten – auch wenn es selbstverständlich Unterschiede gibt. Aber: Geografische Fakten sollten respektiert werden. Wer Lappland erleben will, und wem Lappland versprochen wurde, sollte auch Lappland bekommen.
Winter-Wonderland und Weihnachtsmann
Die Vermarktung von Nordfinnland als Winter-Wonderland mit Weihnachtsmann ist ein Erfolg, der seinesgleichen sucht. Die Bilder treffen offenbar einen Nerv. Insbesondere in Zeiten, in denen eine stabile Schneelage und Weihnachten in Weiß zur Mangelware geworden ist – wenn es in den mittleren Breiten schneit, dann führt das meist nur zu Verkehrschaos, und der Schnee wird in kürzester Zeit hässlich.
Lappland und Arctic Lakeland
Die Versuchung, das Geschäft noch ein bisschen weiter zu drehen und Leuten „Lappland“ unterzujubeln, das keins ist, war offenbar zu groß. Auf der Internetseite von TUI UK hat es seit den Beschwerden über den Etikettenschwindel einige Änderungen gegeben, die aber noch nicht vollständig scheinen. Ein anderer Marketingbegriff für Kainuu ist übrigens „Arctic Lakeland“. Seen gibt es tatsächlich reichlich, aber bis zum Polarkreis ist es noch ein Stück.
Bekannte Namen ziehen an
Die Tricks des Markings sind aber wiederum ein Ergebnis des Trends, dass viele Leute sich davon angezogen fühlen, genau dahin zu fahren, wo andere auch waren, um das gleiche Selfie posten zu können. Wer etwas mehr Recherche betreibt, anstatt diesen Reflexen zu folgen, hat weniger Trubel um sich und vielleicht auch den Urlaub, der besser seinem Bedürfnissen entspricht – ob nun in Lappland, Kainuu oder anderswo.
Hinweis: „Lappland“ wird hier verwendet für die als „Lapland“ touristisch vermarktete Region in Finnland und den finnischen Verwaltungsbezirk Lapin lääni/Lappi. Die Bezeichnung für das Siedlungsgebiet der samischen Ureinwohner heißt Sápmi. Sápmi erstreckt sich über die nördlichen Gebiete Finnlands, Schwedens, Norwegens und Teile der russischen Kolahalbinsel.




