Kiruna (Schweden). Wie zieht man ein Gebäude um, das 40 Meter breit und 600 Tonnen schwer ist, und außerdem ein Kulturdenkmal? Das werden in der kommenden Woche wohl Tausende vor Ort oder online beobachten, wenn Kirunas Kirche an ihren neuen Platz bewegt wird. Die Strecke ist fünf Kilometer lang, dafür werden zwei Tage benötigt. Dazu gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm. Als erster Programmpunkt startet morgen ein Lauf auf der Strecke, die am Dienstag und Mittwoch die Kirche nehmen soll.
Die Kirche ist nicht das erste Haus, das in Kiruna umzieht, aber das größte, schwerste, breiteste und das, an dem für viele wohl die meisten Emotionen hängen. Vorbereitet wird dies schon seit Jahren. Dafür wurden Straßen auf 24 Meter verbreitert und ein Viadukt abgerissen. Der Weg musste so gestaltet werden, dass es nur 5 Prozent Steigung sind, was insofern schwierig ist, weil die Kirche auf einem Hügel steht und das alte Zentrum an einem Hang liegt. Um die Kirche transportieren zu können, wurde sie unterhöhlt und auf Stahlträger gestellt. Darunter werden nun zwei Trailer gefahren, der die teure Last mit einem Tempo von etwa 0,5 bis 1 km/h voranbringen sollen. Umgesetzt wird der Umzug vom Unternehmen Veidekke. Es ist während des Kirchenumzugs übrigens nicht erlaubt, darüber zu fliegen, mit Ausnahme von Polizei und Militär. Wer den Umzug mit einer Drohne dokumentieren will, benötigt eine Ausnahmegenehmigung.
Dienstag, 19. August
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7.45 Uhr: LKAB lädt zu Brötchen in der Parkschule ein.
- 7.55 Uhr: Kirunas Pastorin Lena Tjärnberg und Bischöfin Åsa Nyström segnen die Kirche und den Umzugsweg
- Ca. 8 Uhr: Die Kirche setzt sich in Bewegung.
- 11-12 Uhr: Mittagspause an der Kreuzung Hjalmar Lundbohmsvägen – Silfwerbrandsgatan
- 17.30 Uhr: Ende der ersten Etappe, die Kirche „parkt“ auf dem Lombololeden.
Mittwoch, 20. August:
- 8 Uhr: Die Kirche setzt sich in Bewegung
- Ca 12 Uhr: Die Kirche erreicht den Lastvägen/Mittagspause
- 15-17 Uhr: Die Kirche erreicht ihren neuen Standort zwischen Friedhof und dem neuen Zentrum.
Während beider Tage gibt es Programm auf dem Platz vor dem neuen Rathaus, mit Essen und Künstlerdarbietungen. Unter anderem treten KAJ und die Sängerin Carola auf.
Es läuft ein Livestream mit dem schwedischen TV-Moderator Rickard Olsson.
Stadtumzug – weil der Boden unter dem alten Zentrum nicht mehr sicher ist
Eine Baustelle ist Kiruna schon seit zehn Jahren. Das alte Zentrum wird abgerissen, weil der Boden darunter nach 120 Jahren Bergbau nicht mehr sicher ist, das neue Zentrum wird drei Kilometer weiter aufgebaut. Mehr als 20 kleinere und größere Gebäude, ausgewählt nach ihrer historischen und kulturellen Bedeutung, zogen bereits an einen neuen Standort, entweder im Bereich des neuen Zentrums oder an den Luossavaara.
Arbeitsplätze und Steuereinnahmen hängen an der Grube
Die Bergbaufirma LKAB als Profiteur des Erzabbaus muss die Umzugskosten zahlen. Das ist grundsätzlich auch unstrittig, in den Details gibt es allerdings manchmal Konflikte zwischen der Kommune Kiruna und ihrem größten Arbeitgeber. LKAB gehört zu 100 Prozent dem schwedischen Staat.
Ohne die Aussicht auf dem Umzug hätte der Abbau des Erzes in der Tiefe schon vor Jahren gestoppt werden müssen – dann hätte es aber auch kaum noch Arbeitsplätze in Kiruna gegeben, ein begehrtes Exportgut weniger und weniger Steuereinnahmen.
Früherer Artikel zum Kirchenumzug: Klar: Kirunas Kirche zieht ab 19. August um
Hintergrund zum Thema: Kiruna – eine Stadt zieht um