Schnee, Schnee in Massen – unter diesem Motto steht die diesjährige Retrospektive der Nordischen Filmtage Lübeck vom 6. bis 10. November. Mit der Hommage an Kati Outinen ist außerdem Finnland diesmal in einem besonderen Fokus. Außerdem: Der Sound grönländischen Wassers im Infinity Dome, eine Literaturverfilmung mit Untoten und natürlich jede Menge zwischenmenschliche Reibung. Der Kartenvorverkauf für die insgesamt 169 Filme beginnt am 26. Oktober. Auch Streaming wird wieder angeboten.
Das Motto Schnee erlaubt es, so unterschiedliche Schöpfungen wie die Verfilmung von Knut Hamsuns „Segen der Erde“ (Norwegen 1921), einen der ersten Filme über Samen (Schweden 1926, siehe auch Foto) und Ruben Östlunds Turist/Höhere Gewalt(2014) noch einmal zu zeigen. Außerdem einen estnisch-russischen surrealen Krimi im Berghotel (1979) und einen norwegischen Gruselfilm (2006) rund um die bekannte Berghütte Leirvassbu in Jotunheimen. Anlass der Mottowahl ist das 100. Jubiläum von „Der Zauberberg“ von Thomas Mann, für eine Lübecker Veranstaltung ein angemessener Grund. Ein Kapitel mit dem Titel „Schnee“ spielt darin eine wichtige Rolle – und das weiße Element bildet eine dekorative Brücke in den Norden. Alle Filme dieser Sektion hier.
Kati Outinen und Aki Kaurismäki
Die Hommage widmet sich der finnischen Schauspielerin Kati Outinen. Diese erhält im Rahmen der Eröffnung den Ehrenpreis des Festivals und hat die Beiträge auch selbst ausgesucht – fünf Filme von Aki Kaurismäki. Kati Outinen ist aber auch in einer ganz neuen Produktion zu sehen, in der finnischen Mystery-Serie „Isolated“. Eine abgelegene Insel vor der finnischen Küste, plötzlich bricht der Kontakt zum Festland ab, ein Crewmitglied der 1994 gesunkenen Estonia wird angeschwemmt…
Wald, Wasser, Widerstand
In der Doku-Sektion finden sich eine ganze Reihe aktueller Themen, zum Beispiel zwei finnische Frauen, die für die finnischen Urwälder und gegen die mächtige Forstindustrie kämpfen („Havumetsän Lapset“/ „Once upon a Time in a Forest“) und ein Portrait der dänischen Insel Mandø, die nur bei Ebbe mit dem Festland verbunden ist und den steigenden Meeresspiegel zu spüren bekommt ( „Før Stormen“/“As The Tide Comes In“). Dass Protest etwas bewirken kann, zeigt eine Doku aus Island: Am 24. Oktober 1975 streikten auf Island 90 Prozent der Frauen.
Von den Filmen, die im 360°-Kino laufen, seien hier zwei herausgehoben: „Sounds of The Ocean“ von Joshua Sam Miller und Elise Lein mit Fokus auf der Unterwasserwelt sowie „Lost in Liquid Noise„mit Klangaufnahmen aus Grönland von Felix Deufel, inklusive Schmelzwasser, kriechender Gletscher und brechender Eisberge.
Alltag mit Zombies
Wer hinter „Håntering av udøde“/“Handling the Undead“ der jungen norwegischen Regisseurin Thea Hvistendahl einen Zombiefilm vermutet, liegt nicht ganz falsch. Aber es handelt sich hier um die Verfilmung von John Ajvide Lindqvists „Hanteringen av odöda“, und der schwedische Autor wirkte auch selbst am Drehbuch mit. Hier kehren die Toten wie durch ein Wunder zurück – aber ist es das, was sich die Angehörigen erhofft haben?
Das Ende
Für diejenigen, die die aktuelle globale Entwicklung für einen Weg in den Abgrund halten, ist der in Dänemark lebende Regisseur Joshua Oppenheimer noch ein Stück weiter gegangen: „The End“ mit Tilda Swinton in einer der Hauptrollen ist schon dort angekommen. Beschrieben wird es als „prominent besetzter Genremix, eine Mischung aus klassischem Hollywoodmusical, dystopischer Fabel und Familiendrama.“
Das komplette Programm und alles weitere Wissenswerte gibt es auf der Internetseite der Nordischen Filmtage.
Hallo Andrea, vielen Dank für diesen spannenden Einblick in die Nordischen Filmtage! Besonders die Vielfalt der Filme und die Idee, Schnee als verbindendes Element zu nutzen, finde ich faszinierend. Dass Thomas Manns „Der Zauberberg“ als Inspirationsquelle dient, passt hervorragend zur Atmosphäre Lübecks. Ich freue mich auch sehr auf die Hommage an Kati Outinen und die Beiträge aus Finnland. Es scheint, als ob uns eine richtig besondere Filmauswahl erwartet!
Viele Grüße,
Jonas