Grímsey: Polarkreis und Kugel liegen nicht touristenfreundlich

Grímsey (Island). Die Wahrheit macht nicht immer alle glücklich. Das stellen jetzt die Bürger der Insel Grímsey fest. Seit zwei Jahren haben sie das Kunstwerk Hringur og kúla, das genau die aktuelle Position des Polarkreises anzeigt. Doch das ist für Touristen während eines Kurzbesuchs kaum zu erreichen – und hält sie davon ab, das Dorf zu besuchen. Darüber berichteten mbl.is und iceland monitor.

Hringur og kula

Hringur og kúla. Foto Richard Fahey, CC BY-NC-SA 2.0,  komplette Panoramaaufnahme beim Klick aufs Bild.

Auf den meisten Karten ist der Polarkreis bei 66° 33′ 55“ oder 66,5° eingezeichnet, doch das ist streng genommen nicht korrekt. Denn die Erdachse verändert ihren Winkel zur Sonne immer immer wieder leicht. Damit verändert sich auch die Linie, die den (nördlichen) Polarkreis eigentlich definiert: die südlichste Grenze, an der die Sonne zur Sommersonnwende nicht untergeht (am Südpol umgekehrt). Sie wandert in 40.000 Jahren über eine Zone von 180 Kilometern.  Auch der Mond macht noch seinen Einfluss bemerkbar und sorgt für einen 18,6-Jahre-Zyklus über 570 Meter innerhalb der großen Veränderungen – es geht also mal vor, mal zurück. In den vergangenen fünf Millionen Jahren bewegte sich der nördliche Polarkreis zwischen 68° und 65,5 ° Nord. Zurzeit zieht er tendenziell nördlich.

Polarkreis seit 1750 auf Grímsey

Die kleine isländische Insel Grímsey erstreckt sich zwischen 66° 31,574′ Nord und 66° 33,973′ Nord und ist aktuell der einzige Ort Islands, den der Polarkreis tatsächlich berührt. Allerdings nicht immer: Nach den Berechnungen auf der Webseite der Stadt Akureyri (zu der Grímsey gehört), verlief der Polarkreis 1717 erstmals in jüngerer Zeit über die Insel, seit 1750 ist er dauerhaft dort, zieht aber nördlich. Es kam die Idee auf, diese Position mit einem verschiebbaren Kunstwerk zu markieren. Das Ergebnis des entsprechenden Wettbewerbs war „Hringur og kúla“, eine acht Tonnen schwere Steinkugel mit einem Durchmesser von drei Metern, geschaffen von Kristinn E. Hrafnsson und Studio Grandi. Diese Kugel wird nun jedes Jahr zur Sommersonnwende an die neue Position gerollt.

Weg für Tagestouristen zu lang

Das Problem nun: Grímsey ist klein, aber  der Weg vom Flughafen zum Polarkreis mit Kugel beträgt trotzdem 2,5 Kilometer, vom Hafen 3,7 Kilometer. Es gibt keine Straße dorthin. Die Fahr- und Flugpläne oder eine Kombination dessen geben den Tagestouristen nicht viel Zeit auf der Insel.

Grimsey

Frühere Polarkreis-Markierung auf Grímsey Foto Arni Hjartarson

Wer mit dem Flugzeug kommt und abfliegt, hat nur 1,5 Stunden Aufenthalt, schafft den Weg zum Polarkreis also gar nicht und ist enttäuscht. Mit dem Schiff hat man zur Hochsaison an drei Wochentagen fünf Stunden Landgang, nimmt dafür auch eine Seefahrt von insgesamt sechs Stunden in Kauf. Jeder Kombination bietet kürzeren Aufenthalt auf der Insel und damit die Wahl: Zur Kugel oder ins Dorf? Viele wählen die Kugel, zur Enttäuschung und auch zum  finanziellen Nachteil der Inselbewohner. Touristen wird deshalb inzwischen empfohlen, über Nacht zu bleiben.

Vor Ankunft der Kugel gab es nur eine Markierung des Polarkreises am Flughafen – praktisch für alle Seiten. „Jeder freute sich darüber, ihn gleich dort überqueren zu dürfen“, zitiert Iceland Monitor eine Inselbewohnerin.

Polarkreis verschwindet 2047 von Grímsey

Der Polarkreis sei nicht statisch, sondern beweglich. das sei die Idee hinter der Skulptur gewesen, meint die Projektmanagerin aus Akureyri dazu. Außerdem hätten heute viele GPS und wollten die Position auch genau wissen.

Wer den Polarkreis noch auf Grímsey erleben will, hat noch bis 2031 Zeit. Dann liegt er nördlich der Insel, kommt aber 2039 noch einmal zurück und verschwindet 2047 für eine längere Zeit nach Norden.

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