Finnland verabschiedet Pushback-Ausnahmegesetz

Finnland. Das finnische Parlament hat das umstrittene „Pushback-Gesetz“ mit der notwendigen Fünfsechstelmehrheit beschlossen. Dieses Ausnahmegesetz soll es Finnland ermöglichen, Asylsuchende an der Grenze direkt zurückzuschicken, anstatt ihnen eine individuelle Prüfung ihrer Asylgründe zu gewähren. Das Gesetz ist gedacht für Situationen wie im vergangenen Herbst, als Russland zahlreiche Menschen aus Drittländern ohne Visum über die Grenze Richtung Finnland ließ. Darüber berichtete Yle (finnisch, schwedisch, englisch).

Die Grenzübergänge zwischen Finnland und Russland sind aktuell geschlossen. Blau markiert den norwegisch-russischen Grenzübergang. Karte sel/ openstreetmap

In der Vergangenheit hatten russische Grenzbehörden Menschen ohne gültige Einreisepapiere für Finnland gar nicht erst in Richtung Finnland ausreisen lassen. Diese Praxis änderte sich im Spätsommer 2023, einige Monate nach Finnlands Nato-Beitritt. Es kamen vermehrt Menschen aus dem mittleren Osten über die Grenze und beantragten Asyl – auf Fahrrädern, denn zu Fuß darf man diese Grenze nicht queren. In der Bewertung der finnischen Rechts-Regierung handelte es sich dabei um eine Hybridoperation Russlands, um instrumentalisierte Migration, um Finnland zu destabilisieren. Schrittweise wurden die finnischen Grenzübergänge zu Russland geschlossen und sind seit einem halben Jahr dicht.

Das neue Gesetz, wahlweise „Grenzsicherungs-“ oder „Abweisungsgesetz“-Gesetz genannt, wurde nun im Schnellverfahren verabschiedet und soll im Ausnahmefall Pushbacks erlauben – was sowohl gegen das finnische Grundgesetz verstößt als auch gegen die internationalen Vereinbarungen, zu denen sich Finnland verpflichtet hat. Die in den Ausschüssen gehörten Rechtsexperten warnten davor – ebenso wie der Kommissar für Menschenrechte des Europarats, Michael O’Flaherty. Jüngst wandten sich auch mehr als 200 Wissenschaftler mit einer Petition an die finnische Regierung, sie möge das Gesetz stoppen – die Regierung habe nicht darlegen können, inwieweit die Aylsuchenden ein Sicherheitsrisiko für Finnland seien. Laut dem Politik-Podd von Svenska Yle blieb auch vage, wie viele Menschen nun wirklich in Russland hinter der Grenze auf die Öffnung warteten.

Ausnahmen vorgesehen

Der nun verabschiedete Gesetzesentwurf sieht einige Ausnahmefälle vor, bei denen Leute an der Grenze nicht zurückgeschickt werden sollen – zum Beispiel, bei Kindern, Behinderten und wenn ihnen im Heimatland die Todesstrafe droht. Dies sollen die Grenzer beurteilen können.

Fünfsechstelmehrheit erforderlich

Ziel der finnischen Regierung war es, das Gesetz in Kraft zu haben, bevor die Grenze zu Russland wieder geöffnet wird. Aufgrund der Eile und des Eingriffs in das Grundgesetz war eine Fünfsechstelmehrheit notwendig, das heißt, die Regierung war auch auf die Stimmen der Opposition angewiesen. Bis zum Schluss war unsicher, ob es reichen würde. Letztlich reichte es gerade mit  167 Ja- bei 31 Nein-Stimmen:

Sowohl die Zentrumspartei als auch ein großer Teil der Sozialdemokraten stimmten mit der Regierung für das Ausnahmegesetz. Die grüne Umweltpartei und der Linksverbund sprachen sich geschlossen dagegen aus, ebenso sechs Sozialdemokraten und Eva Biaudet von der Schwedischen Volkspartei, die eigentlich mit die Regierung bildet.

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Finnland öffnet Grenzübergänge zu Russland nicht vor April

 

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