500 Tage ohne Folgen nach Fosen-Urteil – Ministerium besetzt

Norwegen. Vor mehr als 500 Tagen hat das Oberste Gericht Norwegens die Genehmigung für 150 Windkraftanlagen auf der Halbinsel Fosen für illegal erklärt. Sie verstoße gegen die Rechte der dortigen Rentierhalter. Doch auch 500 Tage nach diesem Urteil gibt es noch kein Konzept, was daraus folgt. 13 junge samische Aktivisten haben deshalb nun seit dem 500. Tag, dem 23. Februar, das Öl- und Energieministerium besetzt. Darüber berichteten NRK und VG. Update 10.15 Uhr: In der Nacht wurden die Aktivisten nach draußen getragen. Der Protest geht nun vor der Tür weiter.

Samische Aktivisten

Samische Aktivisten besetzen das Öl- und Energieministerium. Foto NSR Nuorat

Die Windparks auf der Halbinsel Fosen bei Trondheim, Storheia mit 80 Turbinen und Roan mit 70 Turbinen, gehören zu den größten Norwegens. Sie haben von den norwegischen Behörden ihre Genehmigungen erhalten und sind bereits in Betrieb. Es gehören noch weitere zum Komplex auf Fosen, um die geht es aber nicht. Für Bau und Wartung wurden dort auch 129 Kilometer Baustraße angelegt. Dass die Windparks die Weidemöglichkeiten für die Rentiere beeinträchtigen, haben auch frühere Gerichtsinstanzen anerkannt. Das Oberste Gericht definierte die Rentierhaltung der Samen als geschützte Kulturausübung nach Artikel 27 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Die Genehmigung für die Windparks sei ein Bruch dieser Rechte.

Das Gericht hat allerdings nicht vorgegeben, was nun mit den Windkraftanlagen passieren soll. Die betroffenen Rentierhalter erwarten, dass nicht legale Anlagen wieder verschwinden müssen. Darauf pochen auch die Aktivisten, die nun seit Tagen in Oslo das Ministerium besetzen. Unterstützung haben die jungen samischen Aktivisten von der Jugend-Natuschutzorganisation Natur og Ungdom. Selbst wenn man morgen mit dem Abriss beginnen würde, würde es allerdings noch sehr lange dauern, bis das Gebiet wieder die Qualität hat, die es früher für die Rentiere hatte.

Ministerium hätte gerne Koexistenz

Nach Aussagen der  Staatssekretärin gegenüber VG arbeitet das Ministerium an Lösungsvorschlägen. Das Ministerium werde die Rechte respektieren. Es ist allerdings klar, dass die Regierung die Anlagen am liebsten stehen lassen würde – der Strom wird schließlich gebraucht. Außerdem ist der staatseigene Konzern Statkraft Mehrheitseigner bei Fosen Wind. Die Rentierhalter halten eine Koexistenz in diesem Gebiet nicht für möglich.

Signalwirkung für andere Projekte

Wie der Konflikt in Fosen gelöst wird, dürfte für noch mehr Leute außer den direkt Betroffenen interessant sein. Denn die Konflikte zwischen Rentierwirtschaft und Windparkwünschen gibt es praktisch in ganz Sápmi. Und anders als in den Anfängen des großen Wasserkraft-Ausbaus kommt nun heftiger Widerstand von der samischen Community. Dabei werden immer wieder Parallelen gezogen zum Kampf gegen den Staudamm bei Alta, der von etwa 1968 bis 1982 ging. Der Damm wurde doch gebaut, aber ohne das samische Dorf Maze unter Wasser zu setzen. Vor kurzem wurde ein Film darüber gedreht – jetzt gehört Hauptdarstellerin Ella Marie Hætta Isaksen zu den Besetzern des Ministeriums.

Update 10.15 Uhr: Die 13 Aktivisten wurden in der Nacht zu Montag nach draußen getragen. Der Protest geht nun vor der Tür weiter zusammen mit weiteren Unterstützern, darunter Greta Thunberg. Das Ministerium ist geschlossen, die Mitarbeiter sollen Home Office machen, meldet NRK.

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Norwegen: Samen siegen gegen Windpark – Folgen des Urteils unklar

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