Fosen (Norwegen). Die Genehmigung für zwei Gebiete des Windparks Fosen hat die kulturellen Rechte der rentierhaltenden Samen verletzt. Zu diesem Urteil kam das Oberste Gericht Norwegens vor einer Woche. Welche Folgen dieses Urteil haben muss und wird, ist aber bis heute nicht klar. Darüber berichtete NRK.
Der Bau der Windparks Storheia mit 80 Turbinen und Roan mit 70 Turbinen auf der Halbinsel Fosen bei Trondheim wurde 2010 von den Behörden genehmigt. Die Anlagen sind bereits fertig und produzieren Strom. Es sind die beiden größten in ganz Norwegen. Dass dadurch Sør-Fosen Sitje und Nord-Fosen Siida wichtige Weideflächen für ihre Rentiere verloren, steht außer Frage. Eine frühere Instanz verurteilte den Windparkbetreiber bereits zu einer Ausgleichszahlung von fast 90 Millionen NOK, umgerechnet etwa 9 Millionen Euro, damit sie ihren Betrieb umstellen und die Tiere füttern können. Mit traditioneller Rentierhaltung hat das allerdings nichts mehr zu tun.
Rentierhaltung als geschützte Kulturausübung
Das Oberste Gericht baute nun darauf auf und prüfte die Genehmigungen selbst. Es definierte dabei die Rentierhaltung als eine Form der geschützten Kulturausübung. Der Artikel 27 der UN-Konvention zu bürgerlichen und zivilen Rechten verlangt, dass die Kulturausübung von Minderheiten nicht beschränkt werden darf. Die Situation nach dem Ausbau habe einen wesentlichen negativen Effekt auf die Möglichkeiten der Rentierhalter zu Kulturausübung, so das Gericht in der Pressemitteilung.
Für die Rentierhalter und die Aktivisten der Initiative „Motvind“ ist klar, dass die Anlagen nun wieder verschwinden müssen. Dabei handelt es sind nicht nur um 151 Windräder, sondern auch um 129 Kilometer Baustraße. Das steht allerdings so konkret nicht in dem Urteil.
Schon vor drei Jahren Kritik der Vereinten Nationen
Das Urteil gilt zwar als historisch, ist aber nicht richtig überraschend: Vor drei Jahren hatten sich bereits die Vereinten Nationen an Norwegen gewandt, um die beiden Windpark-Gebiete Roan und Storheia zu stoppen. Bereits da ging es um die Verletzung der Rechte von Samen als Minderheit. Damals hatte das Ministerium die Einwände abgewiesen, sie seien nicht rechtsverbindlich. Die Vereinten Nationen haben den Fall aber noch nicht abschließend behandelt.
Fosen Vind beruft sich darauf, gültige Genehmigungen gehabt zu haben, und wartet auf einen Kommentar des zuständigen Ministeriums. Der Zeitpunkt ist allerdings denkbar schlecht: Der damals verantwortliche Minister ist nicht mehr im Amt, die Nachfolgerin geht gerade, und die zukünftige Ministerin der neuen Regierung tritt ihr Amt gerade erst an. Bis über Konsequenzen aus dem Urteil entschieden wird, dürfte es also noch etwas dauern.
Das Urteil hat allerdings Signalwirkung für ähnliche Fälle in ganz Sápmi, in Norwegen beispielsweise beim Projekt Øyfjellet nur ein Stück weiter nördlich.
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