Schweden: Zwei Jahre Tesla-Streik und kein Ende in Sicht

Schweden. Zum zweiten Jahrestag bekam der Streik gegen Tesla noch einmal Aufmerksamkeit. Rund 70 Mitarbeiter sind weiterhin im Ausstand, 14 Gewerkschaften in vier Ländern haben sich mit speziell gegen Tesla gerichteten Sympathiemaßnahmen angeschlossen. Eine Ende ist nicht in Sicht: „Beide Parteien glauben, dass der Konflikt den hohen Preis in Geld und Ansehen wert ist“, so Arbeitsmarktforscher German Bender zu Arbetet. 

Tesla Ladestation

Tesla-Ladestation

Tesla wird seit dem 27. Oktober 2023 bestreikt, da das Unternehmen keine Vereinbarung mit der zuständigen Gewerkschaft IF Metall schließen will. Der Tarifvertrag ist ein bisher in Schweden hoch geachtetes Gut, ein Element des „schwedischen Modells“. Der Staat mischt sich nicht in die Lohnpolitik ein, dafür gibt es starke Gewerkschaften, die die Bedingungen für ihre Mitglieder aushandeln. Für beide Seiten geht es ums Prinzip: IF Metall kämpft für den Erhalt dieses Modells, das den Arbeitnehmern eine Sicherheit bieten soll. Elon Musk soll dem schwedischen Zweig persönlich verboten haben, Vereinbarungen mit der Gewerkschaft zu treffen.

Sympathiestreiks und Streikbrecher

Tesla hat kein Werk in Schweden, aber Servicewerkstätten. Die Arbeitsbedingungen bei Tesla scheinen gut genug, sodass ein Teil der Mitarbeiter eben nicht streikt und das Geschäft bisher nicht völlig zum Erliegen gekommen ist. Problematisch wurden für Tesla zumindest zeitweise die Sympathiemaßnahmen anderer Gewerkschaften gezielt gegen Tesla, sodass weder Briefe ausgeteilt noch geputzt wurde, eine Ladestation wurde nicht ans Netz angeschlossen. In diesem Herbst wurden  weitere Solodaritätsmaßnahmen angekündigt. Tesla hat allerdings auch immer wieder Wege darum herum gefunden. 

Arbeitsmarkforscher sieht mehrere Konfliktebenen

Der Streik dauert so lange, dass Arbeitsmarktforscher German Bender in dieser Zeit ein Buch darüber schreiben konnte, das noch nicht durch eine Lösung überholt ist. Es heißt „Frontalkrock“ (Frontalzusammenstoß). Wie Bender gegenüber Arbetet erklärte, handele es sich um einen Zusammenstoß auf mindestens drei Ebenen:

  • Im Zentrum stehen die Angestellten in den Werkstätten – sollen sie einen Tarifvertrag haben oder nicht?
  • Auf nationaler Ebene die Kollision zwischen zwei Systemen: das schwedische Arbeitsmarkmodell, in dem Arbeitgeber und Gewerkschaften über Lösungen verhandeln, oder eine amerikanische, autoritäre Unternehmenskultur, bei der der Arbeitgeber bestimmt. 
  • Auf einer dritten Ebene gehe es darum, wie diese sogenannte „grüne Umstellung“ , im Fall Tesla durch elektrisches Fahren, umgesetzt werden soll. Die Gewerkschaften pochen darauf, dass Beschäftigte in diesen „neuen“ Branchen nicht schlechter abgesichert sind als andere. 
  • Im Laufe des Streiks sei eine weitere dazugekommen, die der Demokratie: Die Gewerkschaften kämpften nicht nur für gute Arbeitsbedingungen, sondern für eine Welt, in der nicht nur Milliardäre über die Ordnung bestimmten.

Geringe Chancen auf ein schnelles Ende

Bender sieht geringe Chancen für eine baldige Lösung des Konflikts. Dem schwedischen Modell fehle ein Lösungsweg für einen Konflikt wie diesen. Eine Vermittlerin berichtet, Teslas Arbeitsverträge hätten sich deutlich in Richtung Tarifvertrag geändert, auch wenn noch einiges fehle. Inzwischen haben die Vermittler allerdings aufgegeben

Elon Musks politisches Engagement und die Verkaufszahlen

Dass die Verkaufszahlen für Teslas Fahrzeuge Anfang 2025 in den Keller sanken, dürfte allerdings wenig mit dem Streik zu tun haben, der da schon ein Jahr lief, sondern mit Elon Musks Rolle in Donald Trumps Regierung. Im September gingen sie wieder hoch, was verschiedene Gründe haben kann. Inzwischen ist Elon Musk auch nicht mehr Teil dieser Regierung.

Längster Streik in der schwedischen Geschichte dauerte fünf Jahre

Der Tesla-Streik ist keineswegs der längste in der schwedischen Geschichte: Fünf Jahre lang dauerte es, bis Skyllbergs bruk vor Askersund eine Vereinbarung mit den Gewerkschaften schloss, von 1925 bis 1930. Die Lösung kam laut mit einem neuen Chef – und weil Personalmangel herrschte. 

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