Kiruna (Schweden). Die erste Etappe ist geschafft: Kirunas Kirche hat nach mehr als 100 Jahren ihren alten Standort verlassen und parkt über Nacht auf der Straße Lombololeden, bevor es heute zum neuen Standort im neuen Stadtzentrum geht. Damit ist bewiesen: Es ist möglich. Was in dem Spektakel fast untergeht: die Ursache für den Umzug.
So funktioniert der Umzug der 40 Meter breiten und mehr als 600 Tonnen schweren Kirche rein technisch: Der Boden unter dem Holzgebäude wurde unterhöhlt , die Steine entfernt, das Gebäude auf Stahlträger gestellt. Darunter wurden zwei Trailer gefahren. Sie tragen die Kirche wie zwei Kufen. Jeder Trailer hat 28 Doppelpaare Rollen – insgesamt sind es also 224 Rollen. Das Gebäude steht zu beiden Seiten über. Trotzdem werden 24 Meter Fahrwegbreite benötigt- und ein Stück höher die volle Breite. Straßen wurden durch Schotterwege ergänzt, Bäume abgesägt, der Hügel eines Kreisverkehrs abgetragen und ein Viadukt zugeschüttet.
Tausende Zuschauer vor Ort
Die Vorbereitungen scheinen geglückt. Das riesige Gebäude bewegte sich zwar langsam, wie angekündigt, aber es kam doch voran. Immerhin hatte so niemand der zahlreich erschienenen Schaulustigen, Bewohner Kirunas ebenso wie Ex-Bewohner, Touristen und internationale Presse, Probleme damit, dem Gefährt zu folgen. LKAB bot morgens und mittags gratis Verköstigung, sofern man die Geduld hatte, Schlange zu stehen und das Glück, noch etwas abzubekommen.
Vorbereitungen erfolgreich – Umsetzung bisher geglückt
An der Umsetzung des Kirchenumzugs sind zahlreiche Akteure beteiligt. Generalunternehmer ist Veidekke. Die unscheinbaren, aber so wirkungsvollen Trailer, in Kiruna schon von früheren Hausumzügen bekannt, kommen samt Personal von der niederländischen Firma Mammoet. Es ist eine einzelne Person, die die beiden Trailer von hinten mit einem recht unscheinbaren Kästchen steuert, bei SVT berichtet einer davon, Kees Breedveld, darüber, es sind allerdings mehrere Leute, die permanent die Richtung des Gefährt prüfen. Unentbehrlich auch die beiden Gabelstapler, die Bodenplatten dorthin fahren, wo sie gebraucht werden, damit die vielen Mammoet- Rollen auf den aufgeschütteten Wegen Halt haben.
Mehr als eine halbe Milliarde SEK
Über die Kosten des Kirchenumzugs , die die Bergbaufirma LKAB tragen muss, wurde bisher nicht gesprochen. Bei SVT sagte nun allerdings der Noch-LKAB-Geschäftsführer Jan Moström, es handele sich um mehr als eine halbe Milliarde SEK (umgerechnet aktuell etwa 45 Millionen Euro). „Soll der Bergbau weitergehen, müssen wir Kirunas Zentrum umziehen. Kirunas Zentrum ohne die Kirche – das kann ich mir nicht vorstellen – es gibt also keine Alternative“, sagt er. Und auf die Frage, ob es das Geld wert sei: „Sonst würden wir es nicht machen“.
Hätte die Kommune Kiruna dem Umzug nicht zugestimmt, hätte LKAB den Erzabbau stoppen müssen. Wobei der Umzug zum größten Teil ein Abriss ist, das neue Zentrum besteht überwiegend aus Neubauten. Vom alten Zentrum steht inzwischen nicht mehr viel. Immerhin 23 ausgewählte Gebäude wurden umgezogen.
Kritik von Gabna Sameby
Eine Vertreterin von Gabna Sameby äußerte gestern dazu in den Medien, es sei erfreulich, dass die Kirche umziehe, dennoch habe der Bergbau einen hohen Preis für die Bevölkerung. Das Fest des Kirchenumzugs verdecke die ungelösten Konflikte zur Flächennutzung. Damit sind nicht zuletzt die neuen Pläne von LKAB gemeint, der Abbau des Per-Geijer-Vorkommens. Selbst bei Untertagebau werden für die Erschließung nach der bisherigen Planung Waldflächen zerstört, die bisher der Naherholung und als Rentier-Zuggebiet dienen.
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Hintergrund: Kiruna – eine Stadt zieht um
So langsam ging es – Echtzeit-Videos. Man achte auf die Rollen!