Arktis. Die Nordostpassage ist aktuell eisfrei. Die Nordwestpassage größtenteils auch. Aber warum an der Küste fahren, wenn man auch den geraden Weg nehmen kann? In 20, spätestens 30 Jahren könnte der Nordpol phasenweise eisfrei sein. Ein Land bereitet sich besonders gut darauf vor, diese transpolare Schiffahrtsroute zu nutzen: China. Das legt zumindest eine neue internationale Studie nahe.
„Die arktische Schifffahrtsroute, über die keiner spricht“ nennt die Hongkonger Professorin Mia Bennett die Transpolar-Route. Sie ist auch an der neuen Studie beteiligt. Immer wieder gab und gibt es Prognosen, wann es denn die Passage über den arktischen Ozean eisfrei sein wird. „Eisfrei“ heißt meist, dass es weniger als eine Million Quadratkilometer im September sind. Eine Modellrechnung legt diesen Punkt zwischen 2044 und 2067, eine andere sogar schon auf 2035. Die Fotos von der Polarstern, die gerade mühelos durch das Eis zum Nordpol vordrang, unterstreichen nachdrücklich, dass der Punkt wohl eher früher als später kommt.
Welche Vorteile hätte es, Schiffe direkt über den Nordpol zu schicken? Diese Vorteile nennt Bennett: Es könnte ein bis fünf Tage schneller gehen als auf der Nordostpassage, es gäbe praktisch keine Größenbeschränkungen, da es überall tief genug ist und das Schiff befände sich die ganze Zeit in internationalen Gewässern. So verlangt etwa Russland für die Passage seines Nördlichen Seewegs Gebühren für eine mögliche Eisbrecherunterstützung. Dies ließe sich einsparen. Da Schiffe mit Eisverstärkung teuer im Betrieb sind, könnte auch an speziellen Umschlagpunkten umgeladen werden, wie es auch die Flüssiggasfrachter aus Sabetta teilweise tun. Potenzielle Umschlaghäfen sind laut dieser Untersuchung Nome (Alaska), Longyearbyen (Spitzbergen) sowie Finnafjörður (Island) – dort plant Bremenports mit zwei isländischen Kommunen einen Tiefwasserhafen. Bisher liegt der Fokus aber auf Schiffen aus der Nordostpassage.
China interessiert an Transpolarer Schifffahrtsroute
Nur ein Akteur, so meinen die Autoren der Studie, bereitet sich gezielt darauf vor, die Transpolar-Route zu nutzen: China. Chinas erster Eisbrecher Xue Long durchquerte bereits 2012 das zentrale arktische Eis. Im vergangenen Jahr wurde Xue Long 2, der erste in China gebaute Eisbrecher, fertiggestellt. An der Konstruktion war auch die finnische Aker Arctic Technology beteiligt. Xue Long 2 befindet sich gerade auf Arktisfahrt. China bezeichnet sich selbst als „Near Arctic State“. Chinesische Firmen sind bereits beteiligt an der russischen Firma Nowatek, die auf der Halbinsel Yamal Flüssiggas fördert und über dem Hafen Sabetta nach Ost und West über die Nordostpassage ausschifft.
Folgen für die arktische Natur
Auf der Transpolar-Route würden dann die internationalen Regeln gelten, die heute auf hoher See gelten, plus der Polar Code der IMO (International Maritime Organisation). Außerdem gibt es bereits ein Fischereimoratorium, das allerdings nur 16 Jahre gilt. Es ist damit zu rechnen, dass der Verkehr negative Folgen haben wird: Die Gefahr von Unglücken mit Verschmutzung der sensiblen arktischen Gebiete wächst und Eisbrecher zerstören in der Beringstraße und Tschuktschensee möglicherweise das letzte Eis, das dann für die arktische Tierwelt noch bleibt.
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