Spitzbergen: 2020 der bisher wärmste Sommer überhaupt

Spitzbergen (Norwegen). Im Sommer 2020 fiel nicht nur der Temperaturrekord von Longyearbyen. Der Sommer 2020 war auch der bisher wärmste überhaupt auf Spitzbergen. Das meldete das norwegische meteorologische Institut. Die Folgen des tauenden Permafrostes werden dabei immer sichtbarer – und Eisbären suchen mangels Meereis alternative Nahrungsquellen an Land.

Einsturzloch nach tauendem Permafrost bei Gjelhallet im Sassendal. Foto Cornelia Jaspers/ Norsk Polarinstitutt via @meteorologene

Systematische Temperaturmessungen in Longyearbyen gibt es bereit seit 1899. Zum Vergleich der Sommertemperaturen nehmen die Meteorologen den Durchschnittswert der Monate Juni, Juli und August. Selbstverständlich variieren diese von Jahr zu Jahr. Die Durchschnittstemperatur dieses Sommers lag bei 7,2 Grad. Das ist neuer Rekord und drei Grad über den Vergleichsdaten aus den Jahren 1961 bis 1990, die aktuell noch als Normalwert gelten. Der alte Rekord liegt bei 6,7 Grad und stammt von 2015. Sämtliche Sommer seit 1997 liegen über normal.

Für die Bewohner sind warme Temperaturen zunächst einmal angenehm. Auf 78 Grad Nord reicht es normalerweise nicht für Shorts im Freien. Am 25. Juli wurden es jedoch 21,7 Grad in Longyearbyen. Doch die Bewohner erleben auch die Folgen des tauenden Permafrosts. So rutschte beispielsweise schon im vergangenen Jahr  die aktive Oberflächenschicht im Hanaskogsdal ab. Im Sassendal bei Gjelhallet kann man ein großes Loch sehen: Der Eiskern unter der Oberfläche des Hügels taute und ließ die Decke einstürzen. In Longyearbyen stehen Gebäude nicht mehr sicher, die Lawinengefahr ist gestiegen.

Temperaturen steigen über und unter der Erde

Sommertemperaturen Spitzbergen

Abweichung der Sommertemperaturen in Longyearbyen vom jeweiligen Normalwert. Quelle Norsk Meteorologisk Institutt

Wie weit der Frost, der einst alles zusammenhielt, schon gewichen ist, wird in zwei Bohrlöchern am Janssonhaugen gemessen. Diese wurden Ende der 1990er Jahre gebohrt. Seitdem ist die Temperatur in zehn Metern Tiefe um zwei Grad gestiegen und beträgt dort phasenweise nur noch minus vier Grad.  Ketil Isaksen, Klimaforscher auf Spitzbergen, sagt dazu: „Als ich Ende der 90-er Jahre mit meinen Permafrostuntersuchungen begann, konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich so etwas erleben würde. Dass die Temperaturen so tief im Boden so viel steigen würden und dass wir heute Veränderungen der Landschaft auf Spitzbergen sehen, als Folge tauenden Permafrosts, ist erschreckend. Ich und andere Forscher dachten, dass es viel länger dauern würde, bis wir solche Veränderungen sehen würden.“

Mangels Eis: Eisbären fressen Vogeleier statt Robben

Eisbär plündert Eier

Ein Eisbär frisst Enteneier. Foto Geir Wing Gabrielsen / Norsk Polarinstitutt

Folgen hat die Erwärmung der Inselgruppe natürlich auch für die Pflanzen- und Tierwelt. Das bekannteste Beispiel sind die Eisbären, denen das Meereis fehlt. Statt über Ringelrobben machen sich hungrige Eisbären nun über Vogeleier her. Forscher des norwegischen Polarinstitutes berichten von „Chaos“ auf den Vogelinseln im Kongsfjord. Um satt zu werden, braucht ein Eisbär allerdings viele Eier, und er frisst auch die Jungvögel. Dadurch geraten die Vogelbestände unter Druck. Aktuell betroffen ist die Eiderente auf Spitzbergen. Der zunehmende Eisbärenbesuch führte in der Vergangenheit auch schon dazu, dass Forscher ihre Arbeit dort aus Sicherheitsgründen abbrechen mussten. Von dem Chaos, das Eisbären auf den Inseln anrichten, profitieren auch der Polarfuchs und die Eismöwe und bedienen sich an den Resten.  Die Veränderungen im Ökosystem durch den Klimawandel sind bereits in Gang.

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