Spitzbergen. Mehr als 200 tote Rentiere fanden Wissenschaftler bei ihrer Expedition auf Spitzbergen. Die Ursache: Nahrungsmangel infolge des veränderten Klimas, das sich auf Spitzbergen noch schneller erwärmt als anderswo. Darüber berichtete NRK.
Zehn Wochen lang wanderten drei Forscher über die Tundra der Inselgruppe auf der Suche nach Rentieren. Seit 40 Jahren zählt das norwegische Polarinstitut die Tiere. Dass einige im Winter verhungern, kommt vor – es ist ein hartes Leben auf Spitzbergen. Der Klimawandel hat es jedoch noch verschärft. Denn Wärme im Winter, wie es inzwischen vorkommt, ist für die Rentiere keineswegs ein Vorteil. Im vergangenen Winter regnete es im Dezember. Der Regen gefror auf dem Boden oder auf dem Schnee. Rentiere sind eigentlich perfekt an das harte arktische Leben angepasst und holen sich ihr Futter auch unter dem Schnee. Durch die Eisschicht kommen sie jedoch nicht durch. In Spitzbergen liegen die Durchschnittstemperaturen der vergangenen Jahre dauerhaft über denen früherer Jahrzehnte – und das bedeutet im Winter eben auch mal Regen statt Schnee.
Überlebenstaktiken: Tang fressen, Klettern, Wandern
Das Spitzbergen-Rentier ist eine eigene Art und kleiner als seine Verwandten vom Festland. Die Möglichkeiten, bei schlechten Bedingungen weiterzuziehen, um anderswo mehr Nahrung zu finden, sind auf Spitzbergen begrenzt, inbesondere, seit die Fjorde nicht mehr verlässlich zufrieren. Wissenschaftler des Polarinstitutes haben im Rahmen ihres Überwachungsprogramms bereits verschiedene Überlebenstaktiken beobachtet: Rentiere an der Küste fressen Tang, um so ihr Nahrungsdefizit zu aufzufangen. Da es ihnen offenbar nicht so gut bekommt, ist dies ein Notbehelf. Andere steigen um auf die „Bergziegen-Taktik“: Vogelfelsen, so erklären die Wissenschaftler, sind aufgrund der guten Düngung biologische Hot Spots – und dort finden dann auch die Rentiere mehr Grün. Bei guten Futterverhältnissen im Flachland benutzen die Tiere nicht diese risikoreiche Strategie. Außerdem wandern einige doch längere Strecken, um bessere Verhältnisse zu finden – soweit es eben geht. Dies weiß man, seit einige Renkühe mit GPS ausgestattet sind.
Zukünftige Arktis ohne Rentiere?
Für die Forscher war die Anzahl der toten Tiere erschreckend. Das zeige, welche Folgen ein milderes Klima für das Tierleben in weit entfernten Gebieten habe, selbst wenn diese fast unberührt von Menschen seien, so eine Wissenschaftlerin zu NRK. Und ein anderer: Das Rentier ist der größte Pflanzenfresser der arktischen Region. Wenn es verschwindet, und nicht mehr frisst, herumläuft und düngt, wird die Landschaft sehr anders aussehen.
Das Problem mit hungernden Rentieren, die nach einer Regenphase im Winter nicht mehr an ihr Futter kommen, kennen natürlich auch die Rentierhalter auf dem Festland. Hier wird teilweise zugefüttert, um die Tiere durch den Winter zu bekommen.
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