Spitzbergen. Alle reden vom Klima – auf Spitzbergen werden schon die Abrissbagger bestellt. 250 Wohnungen in Longyearbyen müssen weichen, weil es auf der Insel zu warm geworden ist. Darüber berichteten zuerst Aftenposten .
Das Problem kommt von zwei Seiten: Zum einen taut der Permafrostboden auf. Dadurch verlieren die traditionell auf Holzpfählen errichteten Häuser ihren festen Grund. Zum anderen ist durch die veränderten Wetterverhältnisse – wärmer, mehr Regen und Schnee – auch die Lawinengefahr am Hausberg Sukkertoppen gestiegen. 2015 starben zwei Personen bei einer Lawine, die ihr Wohnhaus traf. 2017 kam eine weitere Lawine in den Ort und zerstörte Häuser. Weihnachten 2017 wurden 180 Menschen wegen drohender Lawinengefahr evakuiert. Nach den Aufzeichnungen des norwegischen Wetterdienstes Yr befindet sich Spitzbergen nun seit 94 Monaten dauerhaft oberhalb der früheren monatlichen Durchschnitts- Temperaturwerte.
Der norwegische Staatshaushalt 2019 sieht 45 Millionen norwegische Kronen (4,73 Millionen Euro) für die Absicherung von Longyearbyen gegen Lawinen vor. Nach einem Gutachten, das im Frühjahr erschien, ist aber bereits klar, dass sehr viele Wohnungen aufgrund ihrer Lage zum Berg einfach nicht abgesichert werden können. Unter den 250 Wohnungen, die nun auf der Abrissliste stehen, sind auch 100 Wohnungen für die Studierenden an der Universität Svalbard. Insgesamt leben im Longyearbyen nur rund 2200 Menschen.
Es wird bereits Ersatz geschaffen: Drei neue Wohnblocks mit insgesamt 60 Appartements. Diesmal auf Stahlpfosten, wie der Barents Observer berichtet. Dafür hat die Regierung in Oslo umgerechnet 23 Millionen Euro bereitgestellt. Technisk Ukeblad nennt das Norwegens „erste Klimarechnung“. Im kommenden Jahr sollen sie bezugsfertig sein.
Auf „Klimarechnung“ geht aber auch die Umbaumaßnahme am Saatgut – Tresor (Svalbard Global Seed Vault): Der Eingang zu den Lagerräumen im Berg musste neu konstruiert werden, weil die Bodenoberfläche im Sommer nicht mehr gefroren ist und Wasser hineinfloss.
332 Millionen norwegische Kronen gehen außerdem an den Rückbau der norwegischen Kohlegruben auf Spitzbergen. Zurzeit wird nur noch eine Grube genutzt, der Abbau gilt als nicht wirtschaftlich. Statt Bergbauarbeitern könnten in Zukunft mehr junge Leute das Stadtbild in Longyearbyen prägen: Norwegen will auf Spitzbergen eine „Folkehøgskole“ aufbauen.
Mit einer deutschen Volkshochschule hat diese norwegische Bildungseinrichtung nichts gemein: Dabei handelt es sich um einjährige praxisorientierte Programme, die jungen Leuten nach dem Schulabschluss die Möglichkeit geben, Dinge auszuprobieren. Das Schulgeld lässt sich fast komplett über eine staatliche Unterstützung finanzieren, die nur zu 60 Prozent zurückgezahlt werden muss.
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