Siggi der Hacker, Assange und das FBI

Island/Großbritannien. Der FBI-Zeuge Sigurður Þórðarson hat gelogen. Weder hat Julian Assange ihn auf Island zum Hacken animiert, noch verschaffte Assange sich selbst illegalen Zugang zu isländischen Daten. Das gestand Sigurður Þórðarson nun dem isländischen Medium Stundin. Der gestern auf Englisch erschienene Artikel fand international Aufmerksamkeit.

Sigurður Ingi Þórðarson

Sigurður Ingi Þórðarson (2011). Foto Flakkariice/ Wikimedia, CC BY-SA 4.0

Sigurður Ingi Þórðarson, genannt Siggi hakkari oder Siggi der Hacker, erscheint in den Prozessunterlagen zum Auslieferungsersuchen nicht mit Namen, sondern wird nur als „Teenager“ aus „NATO Land 1“ bezeichnet. Er ist jedoch relativ leicht an den beschriebenen Umständen zu identifizieren und Jahrgang 1992. Sigurður Þórðarson ist bereits mehrfach verurteilt worden, wegen Betrugs und wegen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger. Trotz des Spitznamens sollen seine Computerkenntnisse nach Recherchen von Stundin gar nicht so besonders gut gewesen sein.

Erst Unterstützung, dann Betrug

Seine Geschichte mit WikiLeaks ist kurz und wenig rühmlich. Er gehörte ab 2010 zu den Freiwilligen auf Island, die WikiLeaks unterstützten, zu einer Zeit, in der auch Assange auf Island war. Damals planten die isländischen Parlamentarier, Island zu einem Vorzeigeland für Pressefreiheit und Informationsfreiheit zu machen. Eine entsprechende Resolution beschloss das Parlament am 16. Juni 2010. 2011 stellte WikiLeaks fest, dass Sigurður Þórðarson Geld aus der Organisation für sich abzweigte. Es soll um 50 000 US-Dollar gehen. WikiLeaks war nicht das einzige Opfer. Inzwischen ist Sigurður Þórðarson mehrfach verurteilt worden, wegen Betrugs und wegen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger. Er gilt als Soziopath.

Das FBI beißt an

Stundin beschreibt, wie Sigurður Þórðarson seine Rolle bei WikiLeaks stets größer machte, als sie war. Nachdem WikiLeaks hinter seinen Betrug gekommen war, bot er sich den USA als Informant an. Um eine lange Geschichte kurz zu machen (ausführlich zu lesen in Stundin): Sigurður Þórðarson erzählte den FBI-Vertretern offenbar, was diese hören wollten, um mehr Argumente zur Verfolgung von Assange zu haben.

„Problem“ Pressefreiheit

Das Problem der USA: Die Veröffentlichung von belegten Tatsachen ist von der Pressefreiheit gedeckt, auch wenn es sich um ein Video wie „Collateral Murder“ handelt. Um Julian Assange offiziell rechtlich zu belangen, musste man ihm kriminelle Aktivitäten wie Hacken nachweisen. Die eigentlich von Obama schon begnadigte Whistleblowerin Chelsea Manning wurde unter der Regierung Trump ein Jahr lang in Beugehaft genommen, um derartige Details zu liefern, was sie nicht tat. Sigurður Þórðarson schien Hinweise auf illegale Aktivitäten zu liefern. Und er ließ sich dafür Immunität zusichern. Doch die Aussagen von „Teenager“, die in den Prozessunterlagen zu lesen sind – unter anderem Anleitungen und Aufforderungen zum Hacken – sind also nicht wahr. Stundin hatte zur Überprüfung unter anderem Zugang zu Sigurður Þórðarsons Chatlogs. Stundin verweist auch auf andere Versuche des FBI, Aktivitäten auf Island gegen Assange zu benutzen.

Seine Karriere im Bereich Finanzbetrug hat Sigurður Þórðarson laut Stundin übrigens fortgesetzt, geschützt durch die Immunität. Julian Assange erwartet dagegen eine Verurteilung nach dem Espionage Act in den USA, falls er doch noch ausgeliefert wird, und er sitzt immer noch im Hochsicherheitsgefängnis in London. Die Regierung Biden hält an dem Auslieferungsantrag fest.

Der Artikel auf Englisch in Stundin: Key witness in Assange case admits to lies in indictment

Frühere Artikel zum Thema:

Zu Stundin und Pressefreiheit: Island: Der lange Schatten der Finanzkrise

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