Schweden stellt Ermittlungen gegen Julian Assange ein

Schweden/Großbritannien. Schweden stellt die Voruntersuchung gegen Julian Assange wegen des Verdachts auf Vergewaltigung endgültig ein. Das verkündete gestern die zuständige stellvertretende Oberstaatsanwältin Eva-Marie Persson. Das Verfahren hatte dazu beigetragen, dass der WikiLeaks-Gründer inzwischen in London im Gefängnis sitzt. Die Untersuchung war aber von Anfang an von Merkwürdigkeiten begleitet, die jüngst sogar der UN-Sonderberichterstatter gegen Folter kritisierte.

Justitia

Justitia – immer unparteiisch? Foto Moritz320/ Pixabay

„Unvermeidlich“ nannte der UN-Sonderberichterstatter gegen Folter, Nils Melzer, das Ende der schwedischen Ermittlungen gegen Assange. Der Rechtswissenschaftler aus der Schweiz hatte die vorliegenden Beweise und die Vorgänge der vergangenen neun Jahre zum Thema detailliert unter die Lupe genommen. Sein Fazit daraus war, dass für Assange als Beschuldigten von Anfang an juristische Standards wie die Unschuldsvermutung und Diskretion nicht zu gelten schienen. Außerdem sah er Anzeichen dafür, dass Aussagen manipuliert wurden und das Verfahren in eine bestimmte Richtung gehen sollte. Seiner Auffassung nach hatte keine der beiden Frauen vorgehabt, Assange wegen Vergewaltigung anzuzeigen. Assange war befragt, aber nicht festgenommen worden und hatte das Land drei Wochen nach dem Vorfall mit Erlaubnis der Staatsanwaltschaft verlassen. Der Haftbefehl kam erst später und gab Großbritannien die Möglichkeit, Assange festzuhalten.

Melzer beschäftigte sich mit dem Fall Assange, seit er ihn im Gefängnis in London besucht hatte. Er kam damals zu dem Schluss, die Gesamtwirkung dessen, was der Inhaftierte in den vergangenen Jahren durchgemacht hatte, sei als psychische Folter zu bezeichnen.

Julian Assange fürchtete nicht die schwedische Justiz

Bekanntermaßen war es nicht die schwedische Justiz, die Assange fürchtete und deshalb in die Botschaft von Ecuador flüchtete, sondern die Auslieferung an die USA. Dort befürchtet er eine Anklage nach dem Espionage Act, wegen der Veröffentlichung von Dokumenten, die WikiLeaks zugespielt wurden. Whistleblowerin Chelsea Manning, die unter anderem das „Collateral Murder“-Video an WikiLeaks weitergegeben hatte, war zwar von Barack Obama begnadigt worden. Sie sitzt seit Mai in Beugehaft, weil US-Richter sich davon Material gegen Assange erhoffen.

FBI suchte Material gegen Assange auf Island

Während nun in London über eine Auslieferung Assanges in die USA verhandelt wird, ist auch eine alte Geschichte wieder ans Licht gekommen: Im Jahr 2011 versuchte das FBI, mit Hilfe von Island an belastendes Material zu Julian Assange zu kommen. Der damalige Innenminister Ögmundur Jónasson lehnte ab und schickte sie fort.

Dass das FBI sich an Island wandte, dürfte kein Zufall sein, denn in dem kleinen Land hat WikiLeaks viele Unterstützer. Der isländische Journalist Kristinn Hrafnsson war von 2010 bis 2017 Sprecher von WikiLeaks. Mit ihm und weiteren Partnern gründete Assange auf Island Sunshine Press als Medienkanal für WikiLeaks.  Kristinn Hrafnsson fungiert als Chefredakteur für WikiLeaks, seit Assange keinen Internetzugang mehr hat. Er rief die Unterstützer gestern dazu auf, sich nun auf die drohende Auslieferung an die USA zu konzentrieren und die Gefahr, die dadurch der Meinungs- und Pressefreiheit drohe.

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