Norwegens Ölpolitik: Nächste Runde im Klimaprozess

Norwegen. Die norwegische Regierung verstößt mit ihrer Ölpolitik gegen Paragraf 112 der Verfassung. Das war die Basis des ersten Klimaprozesses, bei dem die klagenden Umweltorganisationen zwar Aufmerksamkeit, aber nicht das Gericht für sich gewinnen konnten. Sie gingen in Berufung. Heute startet der Prozess.

Greenpeace Aktivisten

Im April besetzten Greenpeace-Aktivisten das Rigg West Hercules in Hammerfest – nun wird wieder vor Gerichte gegen Öl gekämpft. Foto Jonne Sippola/Greenpeace

Hinter dem ersten Klimaprozess  (Klimasøksmål.no) standen Greenpeace Norwegen, Natur og Ungdom ( eine Jugendorganisation für Naturschutz) sowie Besteforeldrenes klimaaksjon (Klimaaktion von Großeltern). Im Berufungsprozess werden sie nun auch von Naturvernforbundet, dem norwegischen Naturschutzbund, unterstützt. Konkret richtete und richtet sich die Klage der Organisationen gegen die Lizenzvergaben für die Ölsuche in der Barentssee. Wenn das Klima nicht noch mehr belastet werden soll, müsse Öl im Boden bleiben – zum Beispiel in der Arktis, wo die Förderung besonders risikoreich sei. Der Paragraf 112 besagt, dass „Naturressourcen mit einer langfristigen und umfassenden Herangehensweise verwaltet werden sollen“, die das Recht auf eine gesunde Umwelt auch für die kommenden Generationen sichere.  Dies sehen die vier Organisationen durch die Such- und Bohrlizenzen für die Barentssee verletzt.

Der Prozess löste damals lebhafte Diskussionen aus. Das Gericht, Oslo Tingrett, folgte der Argumentation allerdings nicht. Die Lizenzvergabe der Regierung für die Barentssee sei legal. Nach Auffassung des Gerichts ist Norwegen nämlich nicht verantwortlich für die Schäden, die norwegisches Export Öl in anderen Ländern verursacht.

Noch mehr Lizenzen, noch mehr Proteste

Seit diesem Urteil im Januar 2018 ist viel passiert. Das Projekt Johan Castberg hat grünes Licht bekommen und wird dann das nördlichste Ölprojekt der Welt im Wasser sein. Weitere Suchlizenzen für die Barentsee wurden vergeben. Es gab im vergangenen Jahr  aber auch die von Greta Thunberg gestarteten Fridays-for-Future-Proteste, bei denen norwegische Schüler auch die Ölpolitik anprangern.

Lizenzen in der Eiskantenzone

Zudem hat sich die Ratgebergruppe des Umweltministeriums nun dazu geäußert, was als Eiskante beziehungsweise Eiskantenzone in der Barentssee anzusehen ist, wie NRK berichtet. Der Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung sieht Ölsuche nur südlich der Eiskante vor. Die Regierung sah diese allerdings nördlicher als die der Ratgebergruppe. Eine ganze Reihe von Gebieten, für die Lizenzen erteilt wurden, liegen innerhalb der neuen Zone. Das norwegische Polarinstitut definiert Eiskantenzone als Übergang vom offenen Meer zum Meereis. Dabei handele es sich um ein sehr dynamisches Gebiet das sich innerhalb von Ragen und Stunden durch Wind und Meeresströmungen ändern könne. Es sei ökologisch besonders sensibel.

Eis ist für das Ökosystem des hohen Nordens ein wichtiger Faktor: Kleintiere und Fische ernähren sich beispielsweise von Eisalgen. Eisbären wiederum brauchen Eis, um an ihre Beute zu gelangen.

Lichterdemos für das Recht auf eine lebenswerte Umwelt

Gestern Abend gab es am 40 Orten in Norwegen sowie an norwegischen Botschaften im Ausland Lichter-Demos  für eine lebenswerte Umwelt – angezündet um 18.14 Uhr. Die norwegischen Verfassung stammt von 1814.

Erst letzte Woche gab es auf einer anderen Öl-Baustelle Proteste: Aktivisten von Bellona und Natur og Ungdom versuchten, Probebohrungen am Træna-Riff aufzuhalten. Wegen des stürmischen Wetters kamen sie allerdings später an als geplant und hatten außerdem die Küstenwache auf den Fersen, die den Sicherheitsabstand überwachte.

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