Gegen Ölförderung in der Arktis: Greenpeace verklagt Norwegen

Norwegen. Heute beginnt  in Oslo ein Prozess, der auch die Klimaverhandler in Bonn interessieren dürfte: Greenpeace Norwegen und die norwegische Organisation Natur og Ungdom verklagen den norwegischen Staat, weil er die Barentssee für die Ölsuche geöffnet hat. Sie verweisen dabei auf den Paragrafen 112 im norwegischen Grundgesetz, der den Bürgern das Recht auf eine gesunde Umwelt garantiert.

Eisskulptur

Pressekonferenz mit Eisskulptur von Greenpeace
Norwegen und Natur og Ungdom vor dem
Gerichtsgebäude. Foto: Edward Beskow/Greenpeace

Mit einer Pressekonferenz vor dem Gerichtsgebäude machten die Kläger bereits gestern auf ihr Anliegen aufmerksam und enthüllten dabei symbolträchtig eine Eisskulptur. „Wir sind besorgt darüber, dass die Politiker die Klimaprobleme  nicht ernst nimmt, und dass wir  in Gefahr laufen, unsere Zukunft zu zerstören. Der Staat ist verantwortlich für das Recht der zukünftigen Generationen auf eine gute Umwelt. Deshalb ist es verantwortungslos, in der Barentssee nach mehr Öl zu bohren,“ sagte Ingrid Skjoldvær, Vorsitzende von Natur og Ungdom (Natur und Jugend).

In Paragraf 112 des norwegischen Grundgesetzes heißt es unter anderem, dass „Naturressourcen mit einer langfristigen und umfassenden Herangehensweise verwaltet werden sollen“, die das Recht auf eine gesunde Umwelt auch für die kommenden Generationen sichere.  In einem Artikel für VG hatten die Kläger auch auf das Pariser Klimaabkommen hingewiesen, über dessen Konkretisierung gerade in Bonn beraten wird. Dort habe sich auch Norwegen den Klimazielen verpflichtet –  und trotzdem zehn neue Suchlizenzen für eine Ölförderung in der Barentssee vergeben. Diesen zehn Lizenzen gilt die konkrete Klage. Die Gebiete lägen in einem besonders empfindlichen  arktischen Gebiet.

Greenpeace Protest

Greenpeace-Aktivisten protestieren während
der Probebohrungen von Statoil in der
Barentssee. Foto Nick Cobbing/Greenpeace

Unterstützt wird die Klage außerdem von der Organisation Besteforeldrenes klimaaksjon (Klimaaktion der Großeltern). Außerdem hatten laut Greenpeace 430 000 Menschen weltweit die Klage mit ihrer Unterschrift unterstützt.

„Wir erwarten, dass der Staat dieses Gerichtsverfahren zutiefst ernst nimmt. Die Klimaklage  ist ein Verfahren des Volkes und wir bringen den Staat für das Volk  vor Gericht. Es liegt nun an dem Gericht, nicht nur das Recht der Norweger, sondern das Recht aller Menschen auf eine gesunde Umwelt und ein erträgliches Klima zu sichern“,  so Truls Gulowsen, Vorsitzender von Greenpeace Norwegen in der Presseerklärung.

Über eine eigens eingerichtete Facebookseite kann man dem Prozess folgen.

Greenpeace Norwegen hatte bereits im Sommer gegen die Probebohrungen von Statoil in der Barentssee direkt vor Ort demonstriert. Das Schiff Arctic Sunrise war vorübergehend festgesetzt worden. Nichts Neues für die Aktivisten: Auch bei Kampagne in Spanien (Kanarische Inseln) und in der russischen Arktis gab es Ärger mit den Behörden.

Diskussion auch um Sicherheit und Wirtschaftlichkeit

Bohrinsel Goliat

Bohrinsel Goliat in der Barentssee. Foto ENI Norge

Bisher wird in der Barentssee nur auf Goliat von Eni Norge schon aktiv Öl gefördert. Die Bohrinsel wurde im vergangenen Jahr in Betrieb genommen und hat schon eine lange Reihe von Pannen hinter sich. Anfang Oktober wurde die Förderung von der Aufsichtsbehörde mit der Begründung „Explosionsgefahr“ zunächst stillgelegt – die Elektromotoren seien nicht ausreichend gesichert. Statoil ist daran beteiligt

Ein weiteres Vorhaben in der Barentssee, das Feld Johan Castberg, ist auch schon recht weit entwickelt. Vor kurzem gab es eine Diskussion darüber, weil das zuständige Ministerium Statoil erlaubte, bereits Verträge abzuschließen, obwohl das Parlament noch gar nicht über die Betriebserlaubnis abgestimmt hat.

Eine weitere Diskussion in den Medien galt der Frage, ob die Ausbeutung arktischen Öls überhaupt wirtschaftlich ist. Mehrere Medien zitierten die Zahlen eines norwegischen Professors, nach denen Goliat wahrscheinlich niemals Gewinn machen und der Staat daran auch nie etwas verdienen würde, unter anderem der Barents Observer.

Mehr zu den aktuellen Bohrvorhaben auf dem norwegischen Festlandssockel hier.

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