Norwegen. Das Öl hat Norwegen zu einem reichen Land gemacht. Inzwischen protestieren und prozessieren Klimaaktivisten allerdings gegen einen weiteren Ausbau der Ölförderung. Corona hat den Ölpreis außerdem gesenkt, was teurere Projekte unwirtschaftlich macht. Die norwegische Regierung hat die Unternehmen in der Krise mit Steuererleichterungen unterstützt. Die Umweltorganisation Bellona hat nun aufgelistet, was alles schief läuft in der Branche – mit Blick auf das Klima, die Umwelt und das Geld des Steuerzahlers.
„Oljeskandalen 2020“ nennt die norwegische Umweltorganisation Bellona ihre lange Liste. Anlass der Präsentation sind die jüngsten Haushaltsberatungen. Verzeichnet sind dort unter anderem der Brand in Equinors Gasanlage auf Melkøya/Hammerfest, massive Kosten- und Zeitüberschreitungen bei Equinors Projekten Martin Linge (Nordsee) und Johan Castberg (Barentssee), Probleme Equinors in Brasilien sowie die Entscheidung für neue Konzessionen und für eine Definition der Eiskante, die dem fachlichen Rat widersprechen. Der norwegische Staat hält die Mehrheit bei Equinor. Thematisiert wird außerdem, dass mit den Steuererleichterungen aus dem Corona-Hilfspaket für die Ölindustrie auch Förderprojekte umgesetzt werden könnten, die ansonsten gar nicht mehr wirtschaftlich gewesen wären – und damit langfristig nicht einmal Steuereinnahmen bringen. Das Hilfspaket erlaubt den Ölunternehmen, Investitionen schneller abzuschreiben. Damit verringert sich ihre Steuerlast, der Staat hat weniger Einnahmen. Laut NRK-Recherche handelt es sich dabei um 38 Milliarden Kronen weniger im laufenden Jahr und 56 Milliarden Kronen weniger in 2021 (1 NOK entspricht 0,09 EUR). In der Theorie soll dies durch spätere höhere Steuereinnahmen wieder ausgeglichen werden.
Aktivitäten in der Barentssee leben auf
Dass mit dem Geld auch Maßnahmen angeschoben werden, die möglicherweise sonst gar nicht mehr wirtschaftlich gewesen wären, legt die weitere Entwicklung nahe. Equinor hatte schon gleich nach Verabschiedung des Hilfspaketes bekannt gegeben, dass man das Wisting-Feld in der Barentssee nun weiterentwickeln werde. Investitionen in der Barentssee sind teuer, weil es dort bisher kaum Infrastruktur gibt.
Die schwedische Ölgesellschaft Lundin hat ihren Anteil am Alta-Feld und am Polmak-Projekt erhöht sowie sich mit zehn Prozent im benachbarten Wisting-Feld eingekauft Erst im August hatte Lundin gemeldet, man werde seine Pläne für das Alta/Gohta-Vorkommen in der Barentssee auf Eis legen, weil es sich zurzeit nicht lohne. Gegenüber E24 erklärte Lundins Norwegen-Chefin, man sei nach dem Regierungsbeschluss das Portfolio noch einmal durchgegangen. Um in den Genuss der Steuererleichterungen zu kommen, müssen bestimmte Fristen eingehalten werden. Das Rigg West Bollsta soll bereits unterwegs sein in die Barentssee, um im weitere Probebohrungen im Polmak-Vorkommen für Lundin vorzunehmen.
Am 4. November beginnt vor Norwegens höchstem Gericht der nächste Prozess um die Öllizenzen in der Barentssee: Vier Umweltschutzorganisationen haben die norwegische Regierung deshalb verklagt.
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