Mehr Spalten in den Gletschern auf Spitzbergen

Spitzbergen (Norwegen). Der Frühlingswinter ist da – und damit auch die Zeit, in der sich Menschen im hohen Norden besonders gerne draußen auf Schnee und Eis bewegen, auch auf Spitzbergen. Doch die bekannten Routen könnten weniger verlässlich sein als bisher, warnen Wissenschaftler in Svalbardsposten: Unter dem frischen Schnee könnten sich auch auf früher sicheren Gletschern Spalten befinden. Dafür gebe es zwei verschiedene Ursachen, je nach Gletscher.

Spitzbergen

Gletscherfront auf Spitzbergen. Foto Thomas Christiansen

Während die Gletscher in Festlandnorwegen durch den vielen Schneefall im vorangegangenen Winter  im Sommer 2020 gut geschützt waren, hatten Spitzbergens Gletscher ein extrem schlechtes Jahr. Dort fiel wenig Schnee, dafür gab es einen rekord-warmen Sommer, der entsprechend viel abschmelzen ließ. Wie die Wissenschaftler Jack Kohler, Geir Moholdt, Ward van der Pelt und Adrian Luckman in ihrem Beitrag berichten, war die Massebilanz des Midtre Lovénbreen bei Ny Ålesund so schlecht wie noch nie seit Beginn der Messserie Ende der 1960er Jahre – die Differenz zwischen Neuschnee und Schmelze beträgt mehr als minus 1,5 Meter Wasseräquivalent. Der Gletscher hat seit Beginn der Messungen auch nur selten eine positive Massebilanz gehabt. Auch die anderen Gletscher auf Spitzbergen litten unter der Wärme. Und unter dem alten Schnee und ehemals haltbaren Schneebrücken kamen die Spalten hervor, die man vorher nur mit dem Radar sehen konnte. Vor Wintereinbruch hatte das Büro des Sysselmannen bereits aus der Luft einige neue Spaltengebiete markiert. Klagen über Spalten gab es auch schon mehrere, zum Beispiel jüngst bei der Anlage eines Wegs für Schneemobile nach Svea.

Surge-Gletscher: Erst ruhig, dann dynamisch

Eine besondere Art von Gletschern sind die Surge-Gletscher: Dieser spezielle Typ bewegt sich jahrelang nur wenig, und dann plötzlich rückt seine Front deutlich vor. Durch diese Bewegung entstehen neue Spalten. Die Gletscherbewegungen werden durch die Satelliten Sentinel 1 und 2 überwacht.  Fast 40 von Spitzbergens Gletscher seien gerade in der Surge-Phase, warnen die Wissenschaftler, und  elf zeigten Anzeichen dafür. Warum sich manche Gletscher so verhalten, ist noch nicht sehr weit erforscht. Es habe etwas mit dem Wasser am Boden der Gletscher zu tun, so Jack Kohler zu forskning.no. Die Vermutung ist, dass ein „Surge“ entstehe, wenn das Schmelzwasser am Gletscherboden nicht richtig abfließen könne. Schmelzwasser wiederum gibt es in den wärmer werdenden Sommern reichlich.

Neue Namen für neues Land

Mit dem Abschmelzen der Gletscher ziehen sich die Fronten zurück – außer bei denen die gerade in der Surge-Phase sind, doch auch diese schrumpfen insgesamt. Darunter kommen neues Land, Inseln oder Meeresarme zum Vorschein oder es bilden sich Gletscherlagunen. Diese Gebiete werden vom norwegischen Polarinstitut kartiert. Ein Namenskomitee entscheidet, wie die neuen Formationen heißen sollen, wobei die Vorschläge meistens von denen kommen, die das Neuland entdeckt haben. 20 neue Namen wurden jüngst auf Spitzbergen vergeben.

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