Rekord-Schnee hat Norwegens Gletscher im Sommer geschützt

Norwegen. Aus der Perspektive norwegischer Glaziologen ist 2020 ein gutes Jahr. Denn es bleibt ihnen diesmal erspart, neue Hiobsbotschaften zu schmelzenden Gletschern zu verkünden. Noch sind nicht alle Zahlen ausgewertet, doch die Tendenz ist klar: Die großen Schneemengen des vergangenen Winters haben Norwegens Gletscher über den warmen Sommer gerettet. Allerdings nur die auf dem Festland – nicht auf Spitzbergen.

Engabreen, Auslassgletscher des Svartisen

Nigardsbreen, ein Auslassgletscher des großen Jostedalsbreen, gehörte im vergangenen Jahr zu denen mit dem größten Rückzug – 81 Meter kürzer als im Vorjahr war die Gletscherzunge. In diesem Herbst sind es lediglich 4 Meter weniger. Erfreulich auch, was die Wissenschaftler oben auf dem Eis fanden: Es waren noch 4,50 Meter Schnee vom Winter übrig, wie NRK berichtet. Im Frühjahr hatte der Gletscher die größte jemals gemessene Winterbilanz gehabt. Das half ihm über den Sommer und zu einer positiven Massebilanz. Die Massebilanz des Nigardsbreen wird seit 1962 vermessen.

Ein anderer Gletscher, der ebenfalls intensiv vermessen wird, ist der Engabreen in Nordnorwegen, ein Auslassgletscher des Svartisen. Er hatte seine drittbeste Winterbilanz seit Beginn der Messungen. Fotos von NVE (Norges vassdrags- og energidirektorat) zeigen, wie von einem zehn Meter hohen Messturm im Juni 2020 nur noch die Spitze aus dem Schnee herausragte. Auch Engabreen dürfte mit einer positiven Massebilanz schließen. Festlandeuropas tiefreichendste Gletscherzunge schrumpft allerdings weiterhin in der Länge: 45 Meter sind zwar weniger als in den vergangenen Jahren. Doch so tief unten hat die Schneedecke nicht als Schutz gereicht.

Neues Muster: wärmere Winter, mehr Niederschläge

Der viele Schnee, den die skandinavische Bergkette im vergangenen Winter bekam, ist kein Beweis dafür, dass Norwegen von den Klimaveränderungen verschont bleibt, im Gegenteil. Norwegen bekam im vergangenen Winter lediglich extrem viele Niederschläge, die in den höheren Lagen und im Norden als Schnee fielen. Es sei aber drei bis fünf Grad wärmer gewesen als normal, so NVE in einem Rückblick. Deswegen habe es einen starken Unterschied zwischen den tief liegenden Gebieten mit viel Regen und den höher liegenden und nördlichen Gebieten gegeben. Dieses Muster könne sich wiederholen, bei steigender Schneegrenze. Wird es allerdings noch wärmer, fallen immer mehr Niederschläge als Regen und nicht als der Gletscher schützende Schnee.

Spitzbergens Gletscher schmelzen schnell

Glaziologen auf Spitzbergen hatten 2020 keine kleine Atempause. Dort wurde bekanntlich ein neuer Temperaturrekord gemessen, und ein schmelzender Gletscher setzte sogar die Kohlegrube unter Wasser. Außerdem hatte es auf Spitzbergen im Winter eher wenig Schnee gegeben. NRK war mit dem Glaziologen Jack Kohler an der Front des Austre Brøggerbreen: Von April bis September waren dort 3,20 Meter Eisdicke weggeschmolzen, und aus einem Eistunnel ist eine Schlucht geworden. Als Kohler dort im Jahr 2000 seine erste Messung vornahm, waren über dem Tunnel noch 35 Meter Eis.

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