Kallak in der Warteschleife: Rüffel für tatenlose Regierung

Jokkmokk (Schweden). Fast drei Jahre lang hat die Regierung die Entscheidung zum geplanten Erzabbau in Kallak (Jokkmokk Kommun) vor sich hergeschoben. Dies kritisierte nun der Konstitutionsausschuss, ein Kontrollgremium, das die Arbeit der schwedischen Regierung überwachen soll. Die Ursache dafür dürfte darin liegen, dass die Regierungsfraktionen sich in dieser Frage nicht einig sind.

Straße Kallak

Straße von Jokkmokk nach Kallak. Bahn frei für den Erztransporter?

Sowohl der Antragsteller, Beowulf Mining, als auch die Gegner des Projektes hätten die Entscheidung lieber heute als morgen – aber natürlich mit unterschiedlichem Wunschergebnis. Die Kommune Jokkmokk hat dem Projekt grünes Licht gegeben, denn Beowulf Mining hat 250 direkte und 300 indirekte Jobs versprochen. Auch die Bergbaubehörde war dafür. Die Regionsverwaltung (Länsstyrelse) Norrbotten hat sich jedoch dagegen ausgesprochen, aus Gründen des Naturschutzes, mit Rücksicht auf die Rentierwirtschaft sowie aufgrund der fehlenden Infrastruktur. In Kallak, samisch Gállok,  stehen Samen und Umweltschützer gemeinsam gegen das Industrieprojekt.

Konkret ging der Rüffel an das Wirtschaftsministerium unter dem sozialdemokratischen Minister Ibrahim Baylan. Der Beowulf-Mining-Geschäftsführer Sven-Otto Littorin und Jokkmokks Kommunalrat Robert Bernhardsson hoffen nun, dass das Thema schnell aufgegriffen und die Grube genehmigt wird.

Große Versprechungen, hohe Kosten

Kallak

Kallak und Laponia. Bahnverlauf nur schematisch dargestellt. Karte mit Hilfe von stepmap.

Ganz tatenlos war das Wirtschaftsministerium nicht: Vor einer Woche, so berichtet SVT, sei ein Brief mit der Bitte um Stellungnahme an die UNESCO geschickt worden. Die geplante Grube liegt zwar außerhalb des Welterbes Laponia, aber an einer der Zufahrten. Zudem ist die Rentierwirtschaft Teil des Welterbes, und diese beschränkt sich nicht nur auf die Grenzen von Laponia.

Der Kommunalrat wirbt nun erneut mit den vielen Arbeitsplätzen, die dadurch für Jokkmokk entstehen könnten. Was von solchen Versprechen zu halten ist, hat der Journalist und Autor Arne Müller konkret in seinem 2015 erschienenen Buch „Norrlandsparadoxen“ untersucht. Sein Fazit darin: Solche Vorab-Versprechungen haben sich bisher in allen Fällen als zu hoch erwiesen und gerade der Bergbau gehört zu den Branchen, in denen die Automation schnell fortschreitet.

Worst Practice Pajala

Kaunis Iron 90-Tonner

90-Tonner von Kaunis Iron unterwegs.

Die jüngsten Ereignisse um die Kaunis Iron-Grube in Kaunisvaara/ Pajala stützen zudem die Argumente der Regionsverwaltung von Norrbotten: Seit 2018 ist die Grube wieder in Betrieb, und es fahren 90-Tonner das Erz auf dafür teilweise nicht ausgelegten Straßen 160 Kilometer bis zum Erzbahnhof in Svappavaara. Seitdem gab es mehrere Unfälle auf der Strecke.  Unter anderem starben sechs Schweizer Nordlichttouristen bei einer Kollision mit einem Erztransporter. Die Brücke über den Torneälv bei Autio, die die LKW täglich benutzten, musste Anfang November gesperrt werden, weil sie Sprünge bekommen hat. Seitdem fahren die LKW eine Alternativroute, deren Asphalt innerhalb einer Woche zerstört war – er war einst für Heutransporte gebaut worden, nicht für Erz.

Von Kallak aus müsste das Erz das erste Stück ebenfalls mit dem LKW abtransportiert werden. Die schmale Straße bis zur Kreuzung mit der E 45 dürfte dafür ebensowenig ausgelegt sein wie Pajalas Heuweg. Möglicherweise ließen sich die Gleise der Inlandsbahn für das Erz nutzen, diese müssten aber aufgerüstet werden. Für die Regionsverwaltung Norrbotten waren die notwendigen Investitionen und die erwarteten Schäden zu hoch im Verhältnis zum gesellschaftlichen Nutzen.

Grubengegner stehen bereit

Im Fall Preemraff hat die Aussitztaktik der schwedischen Regierung funktioniert: Die Raffinerie zog den Ausbauantrag zurück, bevor es zu einer Regierungskrise darüber kommen konnte. Eine solche Lösung ist im Fall Kallak nicht zu erwarten. Die Umweltpartei (Miljöpartiet) würde ihre Glaubwürdigkeit verlieren, wenn sie diesem Projekt zustimmen würde. Grubengegner bereiten sich aber auf das Schlimmste vor und wollen sich notfalls mit Methoden zivilen Ungehorsams zur Wehr setzen.

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