Erster Reaktor des schwimmenden Atomkraftwerks gestartet

Murmansk (Russland). Der erste Reaktor des schwimmenden Atomkraftwerkes Akademik Lomonosow in Murmansk wurde nun gestartet. Das berichtet der Barents Observer nach Meldungen von Ria Novosti und RBK. Das Gefährt ohne eigenen Antrieb soll im kommenden Sommer zu seinem Einsatzort in Pewek, Tschukotka, geschleppt werden.

Akademik Lomonosow Murmansk

Ankunft der Akademik Lomonosow in Murmansk. Foto Rosatom

Die Akademik Lomonosow war im Frühjahr von der Werft in St. Petersburg durch die Ostsee und entlang der norwegischen Küste nach Murmansk geschleppt worden – noch ohne radioaktive Ladung. Die Tour dauerte drei Wochen. An Bord sind zwei KLT-40S -Reaktoren, dasselbe Modell, das auch russische Atomeisbrecher antreibt. Diese sollen allerdings nicht die Akademik Lomonosow bewegen, sondern die Stadt Pewek im Osten Russlands mit Strom versorgen. In Murmansk wird das Objekt nun auf den Einsatz vorbereitet. Laut Barents Observer begann die Beladung mit Brennstäben Ende Juli. Vergangenen Freitag wurde nun der erste Reaktor in Gang gesetzt.

Ursprünglich sollte die Akademik Lomonosow bereits in St. Petersburg einsatzbereit gemacht und beladen in den Norden geschleppt werden. Dagegen hatten die Anlieger, insbesondere Norwegen, protestiert. Betreiber Rosatom verschob die Beladung des Reaktors deshalb nach Murmansk. In Pewek soll das schwimmende Atomkraftwerk mit bis zu 70 MW Leistung ein altes Heizkraftwerk und das AKW Bilibino ersetzen.

Sicherheitsbedenken: Viele Funktionen auf engstem Raum

Karte Etappe 2

Weg der Akademik Lomonosow durch die Nordostpassage zum Ziel, als funktionsbereites Atomkraftwerk. Karte mit Hilfe von stepmap, nur schematische Darstellung

Rosatom hat stets darauf verwiesen, dass  die internationalen Standards eingehalten werden. Viele Sicherheitsbedenken internationaler Fachleute gegenüber dem Projekt bleiben jedoch – High North News listete sie jüngst noch einmal auf.  Als ein Problem gilt, dass das Gefährt, das in Gewässer mit teilweise immer noch schwieriger Eislage gebracht werden soll, keinen eigenen Antrieb hat. Ist es dann erst einmal festgemacht, stehen womöglich nicht ausreichend Schlepper zur Verfügung, wenn es Probleme gibt. Die Pier soll zwar schützen, braucht aber auch ausreichend Durchlässe für eine Zirkulation des Kühlwassers.

Die Reaktoren sind zwar bereits in den Eisbrechern erprobt, doch es gebe große Unterschiede zwischen einem Eisbrecher und diesem Objekt, so High North News:  „Auf der Akademik Lomonosow werden dieselelektrische Generatoren als Backup,  Atomreaktoren und Dampfturbinen alle gemeinsam in einem Reaktor-Raum von der Größe eines Basketballfeldes untergebracht sein. Dies schafft zusätzliche Möglichkeiten für Fehlfunktionen und ist eine Kombination, die es in einem atomgetriebenen Schiff bisher noch nie gabe, geschweige denn in einer Einrichtung, die für einen der abgelegensten Orte der  Erde bestimmt ist.“ Vorgesehen sei außerdem lediglich ein Notkühlsystem für 24 Stunden, und das in einem Gebiet, in dem Hilfe durchaus länger brauchen könnte.

Keine Atomkraft ohne Atommüll

Wie bei jedem Atomprojekt stellt sich außerdem die Frage des Mülls. Vorgesehen ist, abgebrannte Brennstäbe und anderes mangels ortsnaher Einrichtungen zunächst an Bord zu lagern. Dadurch stiege die Konzentration radioaktiver Materialien auf kleinem Raum weiter an. Alle zehn bis zwölf Jahre soll die Akademik Lomonosow dann zur Wartung, voraussichtlich nach Murmansk und auch den Abfall entsorgen. 

In der Vergangenheit war Russlands Umgang mit dem Atommüll aus Schiffen und U-Booten sehr nachlässig. Radioaktiver Schrott stapelte sich in der Andrejewa-Bucht auf der Kola-Habinsel, nur rund 60 Kilometer von der norwegischen Grenze entfernt. Inzwischen wird dort aufgeräumt. Dazu leistet unter anderem Norwegen finanzielle Unterstützung.

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