Russland. Lange hatten Umweltverbände dafür gekämpft – nun ist es unterschrieben: Das Gebiet um die Gebirge Chibiny (Хибины) und Lovosero (Ловозеро) auf der russischen Kola-Halbinsel wird der Nationalpark Chibiny. Geschützt wird damit eine Fläche von 848 Quadratkilometern. Darüber berichtete der Barents Observer.
Das Gebiet liegt zwischen den Orten Apatity und Kirovsk im Südwesten und Lovosero im Nordosten. Ziel sei es, die praktisch ursprünglichen natürlichen Lebensräume von Bergtundra und nördliche Taiga in den Gebirgsmassiven von Chibiny und Lovosero zu erhalten, die sowohl für die Ökologie, für die Wissenschaft und zu Erholungszwecken bedeutsam seien, so die offizielle Mitteilung der russischen Regierung. Auch historische Zeugnisse sollen bewahrt werden – Siedlungen aus dem Neolithikum und Funde aus der samischen Geschichte. Die heute dort lebenden Samen können dort weiter Rentierzucht betreiben.
Zu dem Gebiet gehört auch der Judytschwumtschorr (Юдычвумчорр) mit 1200 Metern über dem Meeresspiegel, die höchste Erhebung auf der Kola-Halbinsel überhaupt. Die Gegend ist ein beliebtes Urlaubsziel russischer Touristen, es gibt aber auch Veranstalter, die dort Wandern, Ski- oder Kayakfahren für internationale Interessenten anbieten.
„Wir freuen uns, dass dieses Gebiet endlich einen geschützten Status erhält – 101 Jahre, nachdem die Idee erstmals geäußert wurde“ so Oleg Sutkajtis vom WWF Russland. Die Umweltverbände hatten sich eigentlich eine größere Fläche gewünscht, doch dies scheiterte daran, dass dort bereits Bergbau betrieben wird. Diese Gebiete sind nun ausgespart.
Chibiny ist zwar der erste Nationalpark der Kola-Halbinsel, es gibt in der Region aber bereits eine Reihe von teilweise sehr großen Gebieten mit verschieden strengen Schutzebenen (alle hier): Das größte ist mit 2950 Quadratkilometern Murmanskij Tundrowij Sakasnik (vergleichsweise niedriger Schutzstatus), das Biosphärenreservat Laplandskij Sapovednik (höchster Schutzstatus) umfasst 2784 Quadratkilometer und liegt nahe dem neuen Nationalpark. Über zwei Ländergrenzen hinweg reicht der Pasvik-Inari-Trilateral Park, der Gebiete in Finnland, Norwegen und Russland umfasst, insgesamt 1889 Quadratkilometer.
Unberührte Natur, Industrie und Atommüll
Neben unberührter Natur finden sich in Russlands nordwestlichem Ausläufer allerdings auch schmutzige Ecken, die in der Vergangenheit Schlagzeilen gemacht haben: Berüchtigt sind die Luftverschmutzung durch die Nickelproduktion in Nikel, nur sieben Kilometer Luftlinie zu Norwegen, und die Andrejewa Bucht (губа Андреева), wo alte U-Boot-Brennstäbe entsorgt wurden.
In beiden Fällen zeichnet sich Bewegung ab: Nornickel hat zumindest angekündigt, zwei von drei Öfen zu schließen und damit die Luftverschmutzung deutlich zu reduzieren. Die alten U-Boot-Brennstäbe in der Andrejewa Bucht sind zunächst gesichert worden, mit Geld aus Norwegen, aber auch aus Deutschland und anderen Ländern. Sie werden nun seit Sommer abtransportiert ins nicht weniger berüchtigte Mayak – dem einzigen Ort in Russland zur Aufarbeitung solcher Brennstäbe. Das Verfahren ist wegen des Transportrisikos und wegen der Anlage in Mayak selbst umstritten – für Norwegen und Organisationen wie Bellona gilt es jedoch als das kleinere Übel.
Nördlichster Nationalpark: Franz-Josef-Land
Weitere russische Nationalparks im hohen Norden: Direkt an der Grenze zu Finnland liegen Paanajarvi und Kalevala. Der nördlichste und zugleich größte ist der Nationalpark Russische Arktis. Dieser umfasste früher nur die Nordspitze von Nowaja Semlja. 2016 fiel jedoch der Beschluss, diesem um Franz-Josef-Land zu erweitern. Die Inselgruppe war schon zuvor geschützt, aber mit einem niedrigeren Status (Sakasnik).