Der Nachbar, den man kennt: 25 Jahre Barentskooperation

Kirkenes. „Heute ist der 25. Geburtstag der Barentskooperation. Regionale Zusammenarbeit  und der direkte Kontakt von Mensch zu Mensch  haben die Barentskooperation zu einer Erfolgsgeschichte gemacht“, schrieb die schwedische Außenministerin Margot Wallström gestern auf Twitter.

Margot Wallström

Margot Wallström. Foto Karl Nordlund/
Regeringskansliet

Wallström ist aktuell Vorsitzende des Barents Euro-Arktischen Rates. Nur wenige Jahre nach Ende des Kalten Krieges hatten sich 1993 in der Erklärung von Kirkenes  fünf nordische Länder und Russland zur Zusammenarbeit verpflichtet. Das Ziel: Friedenssicherung durch persönliche Kontakte.

Der Leiter des norwegischen Barents-Sekretariats, Lars Georg Fordal, erinnert auf der Internetseite der Organisation an die Situation damals: In den 50 Jahren des Kalten Krieges hatte es nicht viel Austausch zwischen Norwegen und Russland gegeben, obwohl sie im Norden eine Grenze teilen. Zudem gab es ein starkes Wohlstandsgefälle zwischen den Nachbarn. Vieles hat sich seitdem geändert, nicht nur, weil Russland ökonomisch aufgeholt hat: „In Nordnorwegen gibt es kaum eine Kommune, Sportsparte, Schule oder öffentliche Einrichtung, die im Laufe dieser 25 Jahre nicht in ein oder mehrere Barents-Projekte involviert war. je näher man der norwegisch-russischen Grenze kommt, desto enger sind die Bindungen darüber hinaus“, so Fordal.

Barentsregion

Die Barentsregion und ihre Hauptstädte.
Quelle: Barents Euro-Arctic Council

In der Barentskooperation treffen sich nicht nur die Außenminister und ihre Mitarbeiter. Wesentlicher Bestandteil ist der Austausch auf der Ebene der nördlichen Verwaltungsbezirke und die Projekte, die direkt an die Bevölkerung gerichtet sind.  Die Möglichkeit, als Bewohner der Grenzregion mit einer speziellen Erlaubnis visafrei die Grenze nach Belieben zu passieren, hat den Austausch weiter befördert.

„Wenn du jeden Tag Russen im Laden oder  in der Arbeit triffst und an einer Reihe gemeinsamer Projekte teilgenommen hast, bekommst du ein etwas anderes Verhältnis zum Nachbarland als jemand, der nur dicke Schlagzeilen über ein politisches Klima auf dem Gefrierpunkt kennt“, findet Fordal. Dass die politische Führung in den Hauptstädten kein ebenso gutes Verhältnis mehr zueinander habe, habe die Freundschaften nach Murmansk oder Archangelsk nicht verändert. Das sei das wichtigste Ergebnis der Zusammenarbeit.

Sekretariat in Kirkenes

Das norwegische Barents-Sekretariat wird von den drei nördlichsten Verwaltungsbezirken (fylke) betrieben. Es unterstützt Projekte der norwegisch-russischen Zusammenarbeit mit Know-How und Geld. Das internationale Barents-Sekretariat hat seinen Sitz an derselben Adresse, aber andere Aufgaben. Es unterstützt die Gremien und Arbeitsgruppen des Barentsrates (Norwegen, Russland, Schweden, Finnland, Island, Dänemark, EU) und des Barents-Regionalrates (14 Verwaltungsbezirke aus Norwegen, Russland, Schweden und Finnland).

Diskussion um den Barents Observer

Um das norwegische Barents-Sekretariat gab es allerdings vor drei Jahren eine heiße Diskussion, die einen Schatten auf die Erfolgsgeschichte warf: Die Internetzeitung Barents Observer wurde zwar einst als unabhängiges  Ein-Mann-Projekt gegründet. Im Zuge ihres Ausbaus entwickelte sich eine Kooperation mit dem norwegischen Barents-Sekretariat. Die Redaktion wurde für ihre englisch-russische Berichterstattung auf beiden Seiten der Grenze finanziert. Das ging lange Jahre gut, bis zur Ukraine/Krimkrise. Die Redaktion wollte damals gerade  ihre redaktionelle Freiheit schriftlich zugesichert haben. Dies wurde zunächst auch so beschlossen, aber später abgeändert. Die norwegischen Regionalpolitiker wollten ihre russischen Kooperationspartner nicht mit ungewohnter Kritik verschrecken, die sie auch noch selbst finanzierten. Die Redaktion protestierte.  Der Fall machte landesweit Schlagzeilen: Es kam schließlich zur Trennung. Die Zeitung heißt heute vollständig The Independent Barents Observer und wird von dem kleinen Team selbst herausgegeben.

Wie geht es weiter mit Frode Berg?

Ein großes Fragezeichen  in den norwegisch-russischen Beziehungen ist aktuell auch das Schicksal des 62-jährigen Frode Berg aus Kirkenes, der Anfang Dezember in Moskau wegen des Verdachts auf Spionage verhaftet wurde. Berg hatte sich sehr für ein gutes norwegisch-russisches Verhältnis engagiert.  Wegen der russischen Weihnachtsfeierlichkeiten gab es in dieser Sache noch keine weitere Entwicklung. Sein russischer Anwalt soll nun Einblick in die Akte bekommen.

25 Jahre Barentskooperation waren aber nicht umsonst: „Gewöhnliche Russen können dafür nichts, und weder die Russen, die in Kirkenes leben, noch die, die zu Besuch kommen, sollen darunter leiden müssen“, zitiert der Barents Observer einen Teilnehmer der Solidaritätsdemonstration für Frode Berg.

Mehr zur norwegisch-russischen Zusammenarbeit und zu Frode Berg:

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