Schweden. Ende 2019 wurde in Schweden der Atomreaktor Ringhals 2 für immer heruntergefahren. Ende 2020 ist Ringhals 1 an der Reihe. Ursache sind laut Vattenfall wirtschaftliche Gründe. Oppositionsparteien wollte dies mit einer neuen politischen Direktive an Vattenfall stoppen, scheiterte damit aber gestern im Riksdag. Darüber berichtete Ny Teknik.
Aktuell laufen in Schweden noch an drei Standorten aktive Atomkraftwerke: Forsmark (drei Reaktoren, Mehrheit Vattenfall) Ringhals (drei Reaktoren, einer davon nur bis Ende 2020, Vattenfall 70%) sowie Oskarshamn (ein Reaktor, OKG/Uniper). Es gibt zwar das Ziel, bis 2040 Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Quellen zu haben, dies ist jedoch nicht mit einem konkreten Enddatum für die noch laufenden Atomkraftwerke verbunden. So lautete zumindest der politische Kompromiss zwischen Sozialdemokraten, Miljöpartiet de Gröna (Umweltpartei die Grünen), Moderaterna (konservativ), Christdemokraten und Zentrum von 2016. Allerdings wird dort auf höhere Sicherheitsstandards verwiesen, die Kraftwerke bis 2020 erfüllen müssen.
Ende für Ringhals 1 und 2 aus wirtschaftlichen Gründen
Vattenfall hatte bereits 2015 beschlossen, Ringhals 1 und 2 bis 2020 vom Netz zu nehmen – aus rein geschäftlichen Gründen, wie das Unternehmen selbst auf seiner Webseite angibt. Im heutigen System gebe es keinen Platz für diese Reaktoren. Wie zudem aus einem Bericht in Ny Teknik hervorgeht, hätte in die beiden alten Reaktoren kräftig investiert werden müssen, um die neuen Sicherheitsvorschriften zu erfüllen. Ringhals 2 ging 1975, Ringhals 1 1976 in Betrieb.
Moderaterna und Kristdemokraterna hatten im Dezember die energiepolitische Übereinkunft von 2016 aufgekündigt. Sie plädierten für eine stärker Rolle der Atomkraft und fanden damit sogar Unterstützung bei den Liberalen, die eigentlich die Regierung stützen. Die rechten Sverigedemokraterna sind schon lange dafür. Der Versuch, die Abschaltung der beiden Ringhals-Reaktoren auf politischem Wege zu verhindern, misslang jedoch. Es fehlte allerdings nur eine einzige Stimme. Es wird sicher nicht das Ende der Debatte sein.
Öffentliche Meinung ändert sich zugunsten Atomkraft
Schwedens Energiemix besteht fast zu gleichen Teilen aus Atomkraft (2018: 42 Prozent) und Wasserkraft (im sehr trockenen Jahr 2018: 38 Prozent). Windkraft machte im Jahr 2018 zehn Prozent aus. Dieser Anteil dürfte unter anderem durch den Ausbau des Mega-Windparks Markbygden bei Piteå in Zukunft noch steigen. Die Akzeptanz von Atomkraft ist zuletzt wieder gestiegen, wofür Kommentatoren die Klimadebatte verantwortlich machen. Bei einer Umfrage von Novus im November 2019 sprachen sich 43 Prozent sogar für den Bau neuer Reaktoren aus. Nur noch 11 Prozent wollten die laufenden Reaktoren durch einen politischen Beschluss stoppen. Die Entsorgung des Atommülls ist aber auch in Schweden noch nicht endgültig geregelt.
Neue Reaktoren in Finnland mit Verzögerung
Wie der Bau neuer Reaktoren in der Praxis verlaufen kann, können die Schweden beim Nachbarn Finnland sehen: Olkiluoto 3 sollte 2009 in Betrieb gehen und ist immer noch nicht am Netz. Zuletzt war die Rede von März 2021. Außerdem wurde es um ein Mehrfaches teurer als geplant. Und für Hanhikivi (Pyhäjoki) ist noch nicht einmal die Baugenehmigung in Sicht – man hofft auf 2021.
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