Schlechte Aussichten für Schwedens Gletscher

Schweden. Am Nachschub lag es nicht. Im Winter 2017/2018 fiel so viel Schnee in Schweden und Norwegen wie schon lange nicht mehr. Doch die Massebilanz der Gletscher entlang der skandinavischen Bergkette fällt nach dem warmen Sommer ernüchternd aus. Und Schwedens südlichste Gletscher dürften es künftig schwer haben.

Kebnekaise

Gunhild Ninis Rosqvist misst den Kebnekaise-Südgipfel. Foto Par Axelstierna

Bereits im Sommer fiel eine symbolträchtige Marke: Schwedens höchster Berg war erstmals nicht mehr die vergletscherte Südspitze  (Sydtoppen) des Kebnekaise, sondern seine felsige Nordspitze. In der Schneefallsaison wird Sydtoppen seine Position noch einmal zurückerobern, doch die Tendenz ist klar – bei allen Gletschern. Bei einem seiner Nachbarn im Kebnekaisemassiv, Isfallglaciären, sei aufgrund des vielen Schmelzwassers ein großes Stück im unteren Teil abgebrochen, berichtet Gletscherforscherin Gunhild Ninis Rosqvist von der Universität Stockholm in Dagens Nyheter. Die vorläufige Massebilanz – das Ergebnis aus Zuwachs im Winter und Abschmelzen im Sommer – deute auf einen Schrumpf-Rekord hin.

Beispielsweise bei Storglaciären, dem „Großen Gletscher“ im Kebnekaisemassiv, zu dem es besonders viel Datenmaterial gibt. Der Eispanzer ist rund drei Quadratkilometer groß und bis zu 250 Meter dick, die mittlere Dicke liegt bei 95 Metern.  Im Vorjahr hatte er sogar einen kleinen Zuwachs, doch meistens ging es abwärts in den vergangenen Jahren, und 2018 besonders: Er komme auf eine Bilanz von -1,57 Metern, so Ninis Rosqvist in DN. Das heißt vereinfacht: Er ist im Durchschnitt über die ganze Fläche verteilt 1,57 Meter niedriger geworden.

Helagsglaciären geteilt, Sylglaciären kollabiert

Sylarna

Blick auf den Gletscher bei Sylarna 2011. Foto Karin Jonsson, CC BY 2.0

Bei Schwedens südlichsten Gletschern in Jämtland geht es inzwischen um die Existenz. Wanderer berichteten bereits von der fortgeschrittenen Zweiteilung des Helagsglaciären, Aufnahmen der Regionsverwaltung zeigen dies nun, berichtet Radio P4 Jämtland.  Und der Gletscher von Sylarna zeigte im Sommer extrem viele Sprünge, er sei „praktisch kollabiert“, so der zuständige Mitarbeiter der Region Jämtland.

Diese beiden Gletscher waren 2010 und 2014 Gegenstand von Feldstudien der Universitäten Stockholm gewesen. Angesichts der neuen Fotos werden die Wissenschaftler bei P4 damit zitiert, dass es in Helags und Sylarna in den vergangenen acht Jahren mehr Veränderungen gegeben habe als in den 50 Jahren zuvor.

Rückzug an allen Fronten – auch in Norwegen

Der Rückzug schwedischer Gletscher über die vergangenen 100 Jahre lässt sich recht gut in einer Datenbank der Stockholmer Universität verfolgen, dem Bolin Center for Climate Research. Die schwedische Vermessungsbehörde (lantmäteriet) hat für eine Aktualisierung des Kartenmaterials außerdem erstmals die Gletscher per Laser vermessen. Gegenüber SVT fasst ein Mitarbeiter die Veränderungen seit 2008 zusammen: Bei Sàlajienga auf der schwedisch-norwegischen Grenze fand der Gletschersee 2013 einen neuen Ablauf, der Wasserspiegel fiel um mehrere Meter. Rabots Glaciär (Kebnekaise-Massiv) 80 Meter Rückzug, Siehtagasglaciär (auch Seitakglaciär, Sielmatjåkkamassiv) 60 Meter Rückzug. Ràgujiekna an der Grenze zu Norwegen hat sich völlig aus Schweden zurückgezogen.  Der Gletscher von Sylarna schrumpfte 50 Meter allein innerhalb zwei Jahren. Auf der anderen Seite der Bergkette sieht es nicht besser aus: Auch in Norwegen sind die Gletscher 2018 kräftig geschmolzen.

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Eine Antwort zu Schlechte Aussichten für Schwedens Gletscher

  1. Matthias KREBBERS sagt:

    Meine erste Wanderung von Östersund über Lungdalen, Helags nach Storlien machte ich mit schwedischen Freunden 1961. Ich war damals auf dem Gletscher, hörte vom Sterben der Gletscher. Im Frühjahr 1984 – kurz nach der Schneeschmelze – führte ich meine letzte Gruppe durch das Gebiet, zeigte anhand von Fotos die Veränderungen und die klimabedingten Zerstörungen.
    Noch heute bin ich mit meinen Gedanken im Jämtland, sehe Fotos mit den STF-Hütten, fühle mich immer noch verbunden mit dem Land und seiner herrlichen Region, würde es gerne noch einmal bewandern – mit weniger Gepäck und längeren Pausen.
    Bewahrt Eure einmalige, geschichtsträchtige Heimat
    Mit guten Grüßen.
    Matthias Krebbers

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