Arktis. Flüge eingestellt, Crewwechsel gefährdet: Die totale Abschottung von Spitzbergen wegen des Coronavirus hat die Pläne der MOSAiC-Expedition über den Haufen geworfen. Nun ist ein neuer Plan gefasst: Wer jetzt an Bord ist, muss sechs Wochen länger aushalten. Dafür startet der schwedische Forschungseisbrecher Oden früher als geplant in die Arktis zur Polarstern – mit den Teilnehmern, die dann noch können und dürfen.
Als die Polarstern im Herbst 2019 auf das arktische Eis zusteuerte, um sich dort einfrieren zu lassen, ahnte darauf noch niemand etwas davon, dass ein paar Wochen später der erste Mensch an einem neuartigen Virus erkranken würde. Und noch weniger, dass dies auch ihre Pläne massiv ändern würde. Norwegen hat bekanntlich inzwischen sehr strenge Quarantäneregeln, und Spitzbergen ist komplett abgeschottet. Ein Virusausbruch auf der Inselgruppe, auf der ohnehin nur knapp 3000 Menschen leben, würde die Gesellschaft dort schnell lahmlegen, für so etwas wäre das kleine Krankenhaus auch nicht vorbereitet. Bis jetzt war dies auch erfolgreich: Spitzbergen ist virusfrei.
Die MOSAiC-Expedition hat bereits die Messflüge gestrichen, die jetzt von Spitzbergen aus hätten durchgeführt werden sollen. Inzwischen ist die Polarstern so weit nach Süden Richtung Framstraße gedriftet, dass sie von Spitzbergen aus erreichbar wäre. So war auch der nächste Crewwechsel und Versorgungsnachschub geplant, der demnächst stattfinden sollte. Doch die Einreise von 100 Forschern und Seeleuten aus allen möglichen Ländern ist auf Spitzbergen aktuell nicht möglich.
Genug Vorräte für eine längere Etappe
Inzwischen hat die MOSAiC-Expedition folgenden Lösung auf ihrem Blog bekannt gegeben: Die aktuelle Besatzung der Polarstern wird sechs Wochen länger an Bord bleiben. Dafür wird der für Juni geplante Einsatz des schwedischen Eisbrechers Oden vorgezogen. Er wird voraussichtlich am 20. Mai in Helsingborg aufbrechen. Die Vorräte an Bord der Polarstern sollen bis dahin reichen – und immerhin ist das Schiff virusfrei.
Die Lösung bedeutet, dass es einen Teamwechsel weniger gibt und somit eine ganze Reihe Wissenschaftler gar nicht zur Polarstern können, um dort ihre Experimente durchzuführen. Expeditionsleiter Markus Rex sagte allerdings zu VICE, einige hätten vermutlich ohnehin aufgrund Reisebeschränkungen ihrer Länder nicht teilnehmen können. Natürlich soll das Virus auch nicht auf die Polarstern eingeschleppt werden. Dazu sollen die Teilnehmer vorher in Quarantäne und getestet werden, berichtete vor Kurzem der Deutschlandfunk.
Kapitan Dranitsyn darf nach Tromsø
Bekanntlich war schon der jüngste Crewwechsel verspätet, weil der russische Eisbrecher Kapitan Dranitsyn Mühe hatte, durch das dicke Wintereis bis zur Polarstern zu gelangen. Diese befand sich damals außerdem am nördlichsten Punkt ihrer Reise, es war also wirklich ein weiter Weg. Damit die Kapitan Dranitsyn mit dem heimreisenden Forscherteam überhaupt den Rückweg schafft, war ihr ein anderer russischer Eisbrecher, die Admiral Makarow, aus Murmansk entgegengekommen und hatte sie betankt. Auch wegen des dicken Eises wären jetzt Flüge von Spitzbergen zur Polarstern die beste Lösung gewesen. Eisbrecher Oden wird Anfang Juni aber keine so lange Strecke mehr schaffen müssen wie die Kapitan Dranitsyn, denn die Polarstern ist ja auf dem Weg nach Süden.
Die Kapitan Dranitsyn ist nun auf dem Weg nach Tromsø. Dort darf sie mit Ausnahmegenehmigung anlegen. Die nach der langen Zeit in der Isolation garantiert virusfreien Teilnehmer werden von dort aus direkt nach Deutschland geflogen.
Oden lag den ganzen Winter über tatenlos in Luleå und wurde nicht gebraucht. Der Eisbrecher ist inzwischen bereits in Helsingborg.
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