Schweden. Der Bergbauriese LKAB machte im vergangenen Jahr gute Gewinne. 21 Milliarden schwedische Kronen durfte der Staat als Besitzer davon einstecken. Doch diese Profite werden zunehmend begrenzt durch eine Gleisstrecke an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Die neue Stahlfabrik H2 Green Steel in Boden hat nun einen Vertrag mit Rio Tinto geschlossen und will Stahl aus Brasilien und Kanada kaufen – weil LKAB befürchtet, dass nicht ausreichend über die Erzbahn geliefert werden kann.
Für LKAB gibt es nur eine Lösung für das Kapazitätsproblem: Die größtenteils eingleisige Erzbahn müsse möglichst durchgehend doppelspurig ausgebaut werden. Zurzeit fahren etwa 24 Züge täglich von Kiruna nach Narvik und zurück und acht bis elf hauptsächlich aus Malmberget Richtung Luleå. Die vorhandenen Gleise sind außerdem streckenweise sanierungsbedürftig. Zwischen Kiruna und Gällivare darf zurzeit nur mit 25 Tonnen Achslast statt mit 30 Tonnen gefahren werden, was die Kapazität zusätzlich begrenzt. Dort waren im November 2021 40 mit Erz gefüllte Waggons entgleist.
Häufige Entgleisungen auf der „Malmbanan“
Auf der größtenteils einspurigen Strecke der Erzbahn (Malmbanan) müssen sich die Erzzüge (pro Zug 68 Wagen, ein Wagen mit Last 120 Tonnen ) mit den Personenzügen und anderer Fracht, zum Beispiel norwegischem Lachs, arrangieren. 2019 entgleiste ein Lachszug nördlich von Gällivare. Jede Entgleisung, jeder andere Schaden legt erstmal die Strecke komplett lahm. Während die Passagiere dann ersatzweise per Bus transportiert werden, ist das für Erzfracht in diesen Mengen keine Alternative. 2022 fielen laut LKAB 1200 Erzzüge aus.
Gar keine Kapazität mehr?
Das privat finanzierte Stahlwerk bei Boden, H2 Green Steel, ist noch im Bau. Dort soll auf modernste Weise „grüner“, also fossilfreier Stahl produziert werden, über die Direktreduktion per Wasserstoff und im Lichtbogenofen. Mit den Gruben Malmberget, Svappavaara und Kiruna nur rund 200-300 Kilometer entfernt und über die Erzbahn verbunden, schien die die Beschaffung des Rohstoffs eine einfache Frage – bis LKAB im Frühjahr klarmachte, dass sie die Lieferung aktuell nicht zusagen können.
Das wurde von vielen so gewertet, dass man H2 Green Steel als Konkurrenz des eigenen Kooperationspartners SSAB und des gemeinsamen Projektes HYBRIT ausbremsen will. Hybrit erzeugt gerade fossilfrei Eisenschwamm in einer Pilotanlage in Luleå, eine größere Anlage ist bei Malmberget geplant. Eisenschwamm ist die Basis, um daraus im Lichtbogenofen fossilfreien Stahl herstellen zu können. Den letzten Schritt vollzieht Stahlhersteller SSAB an seinen eigenen Standorten, die Schritt für Schritt umgestellt werden.
Zuletzt klagte aber sogar SSAB, man bekomme nicht genug Erz für das Werk in Luleå und müsse jetzt anderswo zukaufen.
Erz von der anderen Seite des Atlantiks
LKAB und H2 Green Steel finanzieren nun gemeinsam eine Kapazitätsanalyse. Vorerst jedoch muss sich H2 Green Steel sein Erz von der anderen Seite des Atlantiks holen.
Das Jahr 2023 läuft bisher nicht so gut für LKAB wie das Vorjahr. Dafür sind zwar verschiedene Faktoren verantwortlich, unter anderem die geringeren Marktpreise, die begrenzten Transportkapazitäten spielen laut dem jüngsten Quartalsbericht aber auch eine Rolle.
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