Norwegen. Essen Sie gerne norwegischen Lachs? Wenn ja, dann aber vermutlich nur ohne seinen hartnäckigsten Parasiten, die Lachslaus. Dieser findet in Aquakultur besonders gute Verbreitungsmöglichkeiten. Die Anlagenbetreiber bemühen sich, ihn zu bekämpfen. Doch ein gerne eingesetztes Mittel schadet auch Garnelen in der Umgebung, zeigen neueste Untersuchungen. Darüber berichtete NRK.
Die neuesten Ergebnisse des unabhängigen norwegischen Forschungsinstitutes IRIS sind noch nicht einmal offiziell veröffentlicht. Doch die Lachszucht und ihre Nebenwirkungen sind gerade Thema in Norwegen, seit NRK einen Beitrag über illegale Praktiken publiziert hatte. Deshalb ging das Institut vorzeitig an die Öffentlichkeit. In Forscherkreisen wurden die Funde bereits vorgestellt.
Konkret geht es um das Mittel Hydrogenperoxid, chemische Formel H2O2. Es galt bisher als das umweltfreundlichste und zerfällt in Wasser und Sauerstoff. Die Fische nehmen ein Bad, meist in einem Spezialschiff mit Tank, aber auch direktin der vorübergehend abgedichteten Anlage. Die Lachslaus ist ein Krebstier, das sich in einem frühen Entwicklungsstadium am Wirtsfisch festsetzt und sich von dessen Schleim, Haut und Blut ernährt. Die Laus stirbt an Hydrogenperoxid.
Die Garnele stirbt am dritten Tag
Die neuen Ergebnisse von IRIS zeigen nun, dass die chemische Verbindung sich auch in größerer Verdünnung noch tödlich auf Garnelen auswirkt. Das bestätigt die Beobachtungen von Fischern und erklärt den Rückgang den Garnelenbestände. Für ihre Untersuchung hatten die Forscher den Lebensraum der Garnelen so nahe wie möglich im Labor nachgebaut und verschiedene Konzentrationen und Konstellationen erprobt. Der Stoff verursucht offenbar Veränderungen an ihren Atmungsorganen, die irreversibel sind. Sie starben nicht sofort, sondern erst am dritten Tag. Zwei andere norwegische Forschungsinstitute, Aquaplan-niva und Havforskningsinstituttet haben bereits Modelle zur Ausbreitung der Chemikalie im Wasser entwickelt.
Das ist deshalb relevant, weil das „Badewasser“ des Lachses aus den Spezialschiffen ja irgendwo hin muss. Die Vorschriften dazu, wo es abgelassen werden darf, waren 2017 gerade verschärft worden. Andere Mittel werden direkt in der (vorübergehend abgedichteten) Anlage eingesetzt und geraten danach ins Meer. Norwegens Lachszüchter kämpfen schon lange mt verschiedensten Mitteln gegen die Lachslaus. Die entwickelte Resistenzen, so dass die Züchter und Hersteller sich immer etwas neues einfallen lassen mussten, um noch Wirkung zu erzielen – nicht ohne Nebenwirkungen. Die Forschung von IRIS wurde von Norwegen, der EU und einer Chemiefirma finanziert. Auch zwei weitere Entlausungsmittel wurden getestet.
Neuer Fischereiminister kommt aus der Aquakultur-Industrie
Ein aufmerksamer Hobby-Lachsangler, dem die Praktiken ein Dorn im Auge waren, verglich öffentlich zugängliche Daten der „Entlausungsschiffe“ mit den Feldern, wo das Ablassen von Reinigungschemikalien verboten war, wie Laich- und Garnelengebiete. Und stellte fest, dass sich sich einige Firmen nicht an die neuen Regeln hielten. NRK ging seinen Ergebnissen nach und veröffentlichte Mitte August den Beitrag. Da war gerade Harald T. Nesvik neuer Fischereiminister geworden – er war zuvor bei einer der Firmen tätig gewesen, die Fische entlausen und sich nicht an die Abstandsregeln gehalten hatten.
Lachszucht demächst an Land
Da die Lachlaus bei der Fischdichte so gut gedeiht, befällt sie inzwischen auch stärker Wildfisch. Das Meeresforschungsinstitut hat eine Karte zur Lausdichte entwickelt, die mit aktuellen Daten gefüttert wird. Norwegens Lachszüchter sind weiter auf der Suche nach Alternativen. Eine ist die, nur noch Aquakulturen in geschlossenen System anzulegen. Und es wird bereits an Norwegens erster Anlage an Land geplant, die gleich die größte der Welt werden soll: Sie soll nahe Florøs Industriegebiet entstehen (Region Sogn og Fjordane).
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