Wenn der Weg zur Entbindungsstation zu lange dauert

Norwegen/Schweden. Eine Stunde Autofahrt bis zur Entbindungsstation? Frauen in den dünn besiedelten Regionen Norwegens und Schwedens wären froh, wenn es nur eine Stunde wäre. Zu den großen Abständen kommt, dass Geburtsstationen zentralisiert oder wegen Personalmangel zeitweise geschlossen werden – aktuelle Beispiele sind Lycksele, Schweden und das Helgelandkrankenhaus in Norwegen.

Vägen är inget BB

Geburten zwischen Kiruna und Gällivare auf dem Weg zum Krankenhaus. Ausstellung „Vägen är inget BB“, Kiruna, Frühjahr 2018

Die Geburtsstation in Lycksele, Västerbotten, war gerade wieder in den Schlagzeilen. Weil es auch in diesem Jahr zu Weihnachten nicht genug Personal gibt, bleibt die Geburtsstation die letzten beiden Wochen des Jahres geschlossen, wie schon vergangenes Jahr und in den Sommerferien. Für Notfälle gibt es eine Hebamme – alle, die es irgendwie können, werden an die Krankenhäuser an der Küste verwiesen, nach Umeå und Skellefteå. Für die Inlandsaktivistinnen, die für den Verbleib von Infrastruktur auf dem Land kämpfen, ein Unding: Für eine Schwangere aus Tärnaby entspreche dies der Entfernung Stockholm-Göteborg. Mit diesem Vergleich machten sie bei einer früheren Aktion auf die Verhältnisse aufmerksam, die den Frauen zugemutet werden.

Wie es ist, wenn eine Entbindungsstation endgültig geschlossen wird, können Frauen aus Kiruna erzählen: „Weg des Todes“ wird die 120 Kilometer lange Strecke über die E 10 nach Gällivare genannt, die insbesondere im Winter viele unangenehme Überraschungen zu bieten hat. Geburten im Auto oder im Krankenwagen sind häufig – und nicht immer geht es gut aus. Für eine Wiedereröffnung der Entbindungsstation setzen sich die Frauen hinter dem Instagram-Konto verklighetenkiruna ein. Eine lange Geschichte im Kampf gegen die Schließungen hat Lapplandsuppröret.

Schließungen im Sommer und über Weihnachten

In Helgeland, Norwegen, wurde gerade über den Vorschlag verhandelt, die Sommerschließung der Entbindungsstationen aus Kostengründen von acht auf 16 Wochen auszuweiten. In dieser Zeit nimmt jeweils nur eins der beiden Krankenhäuser in Sandnessjøen und Mo i Rana Gebärende auf. Der Abstand zwischen den beiden Orten beträgt rund 110 Kilometer über die E6, etwa 1,5 Stunden Fahrzeit bei normalen Bedingungen. Diese Entwicklung gibt es im ganzen Land.

Geburten im Auto, im Krankenwagen und auf Schiffen

Immer wieder kommt es vor, dass Kinder unterwegs im Auto oder im Krankenwagen geboren werden, weil eine Geburt eben kein perfekt planbares Ereignis ist.  Für eine 26-Jährige aus Herøy war es das Ambulanzboot im Hafen von Nesna, wie NRK berichtet. Den weitesten Weg in Norwegen haben Frauen von den Inseln Træna und Røst, zeigt eine Übersicht, die das statistische Büro Norwegens gerade erstellt hat. Doch auch für Schwangere vom Festland kann es mehr als zwei Stunden dauern. Allein im vergangenen Jahr bekamen 151 Frauen in Norwegen ihre Kinder auf dem Weg zum Krankenhaus, und 170 ungeplant zu Hause.

Das Risiko steigt

In Norwegen kämpft unter anderem die „Bunadsgerilja“ gegen dieses Ausbluten des lokalen Angebots: „Überall wird zentralisiert, was dazu führt, dass immer mehr einen längeren Weg haben. Die, die diese Entscheidungen treffen, nehmen keine Rücksicht darauf, dass das Risiko mit dem längeren Weg steigt“, so Marie Grødahl Brekkan, Vorsitzende der Bunadsgerilja, zu NRK.

Die medizinische Versorgung spielte auch bei Wahlen immer wieder eine Rolle:

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