Sowjet-Altlast: Alle Brennelemente aus Atommüllschiff „Lepse“ entfernt

Murmansk (Russland). Die nuklearen Hinterlassenschaften der Sowjetunion sind umfangreich – und eine der schlimmsten war die „Lepse“, auch „schwimmendes Tschernobyl“ genannt, auf der mehr als 600 verbrauchte Brennelemente aus den frühen Atomeisbrechern lagerten. Um sie zu entsorgen, musste das Schiff selbst zerlegt werden. Die letzten Brennstäbe sind nun entfernt. Das meldete die norwegische Umweltorganisation Bellona.

Lepse

Die Lepse, Heimathafen Murmansk. Screenshot aus dem Video der European Bank for Reconstruction and Development

Die Lepse lief 1934 als gewöhnliches Frachtschiff vom Stapel. Mit Beginn der Atomeisbrecher-Ära wurde sie 1961 zu einer schwimmenden technischen Basis umgebaut, die den ersten russischen Atomeisbrecher, „Lenin“, und später auch „Arktika“ und „Sibir“ mit neuen Brennelementen versorgte und die alten sowie andere radioaktive Materialien abholte. Ab 1981 nahm sie nur noch alte Brennelemente auf. Die Radioaktivität der Ladung an Bord war extrem hoch, wie sich Andrej Solotnikow erinnert. Er arbeitete in den 1970er Jahren selbst auf der Lepse und ist heute Chef des Bellona-Büros in Murmansk. 1988 wurde die Lepse außer Dienst gestellt und dümpelte mit ihrer radioaktiven Fracht in der Basis von Atomflot, nur wenige Kilometer nördlich von Murmansk.

Internationale Hilfe bei der Entsorgung der nuklearen Altlasten

Die norwegische Umweltorganisation Bellona blickte nach Ende des Kalten Krieges über die Grenze nach Russland. Es ist nicht zuletzt ihr Verdienst, dass die atomaren Hinterlassenschaften der Sowjetunion zum Thema wurden, darunter auch die Lepse, und dass es internationale Hilfe für ihre Beseitigung dieser Gefahren gab. Das Problem an Bord der Lepse: Die Behälter der radioaktiven Fracht waren teilweise beschädigt und konnten nicht einfach entladen werden. Deshalb, so schließlich der Plan, sollte das ganze Schiff zerlegt werden, damit man die Brennelemente und andere radioaktive Ladung entsorgen konnte. 2012 wurde die Lepse zu Nerpa-Werft geschleppt und eingedockt. Die Entsorgungsaktion wurde von der European Bank for Reconstruction and Development bezuschusst, durch das Programm NDEP Nuclear Window.

Schiff zerlegt, Brennelemente beseitigt

Sämtliche 639 Brennelemente sind nun beseitigt. Sie wurden mit einem Spezialschiff zu Atomflot und dann mit dem Zug zur Anlage in Majak gebracht. Die Reste des Schiffes werden im Lager an der Sajda-Bucht  60 Kilometer nördlich von Murmansk  aufbewahrt, dem Endlager für ausgediente U-Boot-Reaktoren. Der Prozess der Zerlegung und Entsorgung war aufgrund der hohen Radioaktivität extrem aufwendig, teilweise wurden auch Roboter eingesetzt. Bellona-Mitarbeiterin Anna Kireewa schreibt hier und hier über den Vorgang und die Schutzmaßnahmen für die Arbeiter.

Konferenz zu weiteren nuklearen Altlasten geplant

Vor kurzem hat nun Russland den Vorsitz des Arktischen Rates übernommen. Es besteht die Hoffnung, dass in dieser Zeit noch weitere nukleare Altlasten aus der Umwelt entfernt werden. Im Juni 2022 soll dazu eine Konferenz stattfinden, wie der Barents Observer berichtet.

Mehr zu Russlands nuklearen Altlasten:

Video der European Bank for Reconstruction and Development  zum Thema:

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