Qaanaaq (Grönland). Ein Bild geht um die Welt: Hunde ziehen einen Schlitten durch türkisblaues Wasser, Schmelzwasser auf Meereis. Es war gerade sehr warm in Grönland – und das Bild kommt zu einer Zeit, in der sowohl der Panzer des Inlandeises als auch das arktische Meereis insgesamt in der Schmelzsaison kräftig schrumpfen.
Das Foto hatte der dänische Meteorologe Steffen Malskær Olsen geschossen, seine Kollegen hatten es per Twitter veröffentlicht. Er war mit Einheimischen auf dem Meereis vor Qaanaaq unterwegs, um Messausrüstung zu bergen, die dort für ein Projekt platziert war. Qaanaaq liegt auf 77 Grad 29 Minuten Nord. Dass dort Mitte Juni noch Eis auf dem Fjord liegt, ist nicht ungewöhnlich. Wohl aber Temperaturen von 17 Grad am vergangenen Mittwoch in Qanaaq, von denen Sermitsiaq berichtet, und am Donnerstag, als das Bild entstand, 15 Grad. Südliche Winde hatten warme Luft bis nach Nordgrönland getrieben. Das Meereis dort habe noch so wenig Sprünge, dass das Schmelzwasser nicht abfließen konnte, berichtet der Meteorologe. Das Bild habe er geschossen, um eine problematische und auch surrealistische Situatisch zu dokumentieren, sagte er zu Politiken. Über das große Medienecho ist er erstaunt und möchte das Bild einer durchaus extremen Situation nicht überinterpretiert sehen. Gestern waren dort nur noch vier Grad.
Hier ist das Bild:
DMI’s klimaforsker @SteffenMalskaer er i disse dage NV-Grønland for i samarbejde med lokale fangere at hente vejr- og havmålere, og endte med at dokumentere ekstreme forhold på en usædvanlig varm dag, hvor smeltevandet bogstaveligt talt flød på isen. pic.twitter.com/vmYBxyhiWr
— DMI (@dmidk) June 17, 2019
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Die Satellitenüberwachung zeigt bisher folgendes Bild von der Schmelzsaison in Grönland und der Arktis insgesamt:
Die warmen Tage im Juni haben auch am grönländischen Inlandeis ihre Spuren hinterlassen. An diesem extrem warmen 12. Juni schmolz der Panzer auf mehr als 700.000 Quadratmetern, zeigt die interaktive Grafik des National Snow and Ice Data Center. Ob Grönland damit in die Spuren des extrem verlustreichen Jahres 2012 geht, wird sich zeigen.
Zurzeit ist es in der Arktis 24 Stunden lang hell, die Schmelzsaison ist in vollem Gang. Der Nordpol habe um die Sommersonnwende bei wolkenfreiem Himmel die weltweit meisten Sonnen-Watt pro Quadratmeter, so der dänische Meteorologe Rasmus Tonboe auf dmi.dk. Wie stark der Eisrückgang sei, zeige sich oft schon früh im Jahr. Denn Schmelzwasserseen nach früher Wärme reflektieren das Sonnenlicht schlechter als gefrorener Schnee. „Je früher die Schmelzsaison beginnt, desto weniger Eis ist im September noch übrig“ so Tonboe. Danach dürfte 2019 ein eher eisarmes Jahr werden.
Auf der NSIDC-Grafik zur Ausdehnung des arktischen Meereises verlief die Kurve 2019 eine Zeit lang ähnlich wie 2018, aktuell ist der Stand derselbe wie im später sehr verlustreichen Jahr 2012. Auf der Karte (siehe oben) sieht das so aus: Viel freies Wasser zwischen Nordgrönland und den kanadischen Inseln, sowie vor Südostgrönland. Alaskas Nordküste ist fast eisfrei, ebenso ein Teil der kanadischen, Ost, wie West. Beringstraße und Tschuktschensee haben ihr Eis schon früh wieder verloren. Eine große Polynja (freies Wasser inmitten Eis) befindet sich in der Laptewsee vor der russischen Küste und in der Barentssee sieht es aus, als käme man mit dem Schiff problemlos bis Franz-Josef-Land.
Das Meereis-Maximum wurde in diesem Jahr laut NSIDC am 13. März erreicht, die Fläche betrug 14.78 Millionen Quadratkilometer. Davon sind jetzt noch etwa 10, 7 Millionen Quadratkilometer übrig.
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