Grönland/Kanada. Es gibt einen kleinen Lichtblick für Eisbären: Der Bestand im Kane Basin zwischen Nordgrönland und Nordkanada ist gewachsen. Denn das schmelzende Eis bietet den Tieren dort aktuell bessere Lebensmöglichkeiten. Zu diesem Ergebnis kommt eine internationale Untersuchung, die nun in Global Change Biology veröffentlicht wurde. Längerfristig droht ihnen dort vermutlich aber dasselbe Schicksal wie den Artgenossen im Süden.
Der Eisbärenbestand im Kane Basin gehört zu den nördlichsten und auch zu den kleinsten – nur ein bis zwei Prozent aller Eisbären leben dort. Grönländer nennen das Gebiet Avanersuaq, an der Küste liegt Grönlands nördlichster Ort Qaanaaq. Früher bestand das Kane Basin etwa zur Hälfte aus mehrjährigem Eis, der andere Teil schmolz im Sommer. Nun verschwindet immer mehr mehrjähriges Eis. Dass die Sonne nun die Meeresoberfläche erreicht und durchdringt, hat die biologische Produktivität der Gegend gefördert und als Folge auch den Eisbärenbestand wachsen lassen. Dies zeigte der Vergleich der Zahlen von 2012-2016 und 1993-1997. In den 1990er Jahren lag der Bestand bei rund 225 Tieren, in der späteren Periode war er auf rund 360 angewachsen. Die Tiere bewegten sich auch über größere Flächen als zuvor.
Gute Bedingungen voraussichtlich nicht von Dauer
„Aktuell sieht es aus, als gehe es den Eisbären im Kane Basin gut. Der Bestand ist gewachsen, und sie bekommen genauso viel Nachwuchs wie früher“, so die leitende Autorin der Veröffentlichung, Kristin Lairdre von grönländischen Naturinstitut (Pinngortitaleriffik), in einer Pressemitteilung. Diese Verbesserung sei aber voraussichtlich nicht von Dauer: „Wenn sich das Meer vor Qaanaaq weiter aufwärmt, können die Eisbären dort genauso gefährdet sein wie ihre Artgenossen in den südlicheren Gebieten. Dort sind die Eisbärenbestände immer mehr gefährdet aufgrund der Klimaveränderungen – die Eisverhältnisse haben sich markant geändert, die Bestände haben es umso schwerer, je deutlicher die Klimaveränderungen sich zeigen.“ Im Kane Basin ist die Frist zwischen Eis-Rückzug und Zufrieren bereits von 109 auf 160 Tage gewachsen.
Wie es ist, wenn zu lange gar kein Eis mehr da ist, erleben bereits die Bewohner in Grönlands südlichen Gegenden und auf Spitzbergen. Hungrige Eisbären nähern sich menschlichen Siedlungen in der Hoffnung auf Nahrung. Drei Eisbären wurden deshalb jüngst in Qeqertarsuatsiaat südlich von Nuuk erschossen, auf Spitzbergen verletzte ein Eisbär einen Menschen tödlich und wurde ebenfalls erschossen.