Longyearbyen: Lokale Kohle oder teurer Import-Diesel?

Longyearbyen/Spitzbergen (Norwegen). Im kommenden Jahr soll eine Dreckschleuder in der Arktis endgültig abgeschaltet werden: das Kohlekraftwerk in Longyearbyen. Was klingt wie eine gute Nachricht, ruft vor Ort eher zwiespältige Gefühle hervor. Denn eine echte klimafreundliche Ersatzlösung ist noch nicht einmal in Sicht. Und importierter Diesel macht die Rechnung für alle teurer. Der endgültige Beschluss fällt am 15. November.

Longyear Energiverk

Das Kraftwerk von Longyearbyen. Foto Bjoertvedt/ Wikimedia, CC BY 3.0

Das Kohlekraftwerk in Longyearbyen versorgt den Ort mit Strom und Wärme – überlebensnotwendig auf Spitzbergen. Die Kohle kommt aus der Grube vor Ort, die gleichzeitig Arbeitsplätze bietet. Doch das Kraftwerk stammt aus den 1980er Jahren und ist zunehmend störungsanfällig. Über einen emissionsfreien, aber gleichzeitig zuverlässigen Ersatz wird seit Jahren diskutiert, bisher ohne Ergebnis. In das alternde Kohlekraftwerk müsste jedoch auch investiert werden, wenn man es länger weiterbetreiben wollte. 2021 fiel deshalb der Beschluss, das bisherige Reservekraftwerk, das mit Diesel läuft,  auszubauen, als Übergangslösung zu nutzen und das Kohlekraftwerk im Herbst 2023 endgültig abzuschalten. Damit sollte dann auch der Kohleabbau in der Gruve 7 beendet werdet. Der norwegische Kohleabbau auf Spitzbergen wäre Geschichte – die Svea-Grube ist bereits geschlossen und renaturiert, soweit möglich.

Veränderte Bedingungen

Seit diesem Beschluss hat sich vieles in der Welt verändert – unter anderem sind die Energie- und Rohstoffpreise gestiegen. Plötzlich lässt sich die Kohle aus Gruve 7 wirtschaftlich abbauen und verkaufen, ob mit oder ohne Verbrauch direkt vor Ort. Anfang September entschied die norwegische Regierung deshalb bereits, das Bergwerk doch noch zwei Jahre länger zu betreiben – als Begründung hieß es, Norwegen wolle seinen Beitrag in der unsicheren Zeit leisten. Die Kohle ist für den Einsatz bei einem deutschen Industrieunternehmen bestimmt, das seit 40 Jahren Spitzbergen-Kohle für seine Prozesse verwendet.

Diesel teurer

Gleichzeitig ist der Diesel für die Übergangslösung teurer geworden – und ob nach Spitzbergen angelieferter Diesel so viel klimafreundlicher ist als der lokale Rohstoff, darf zumindest bezweifelt werden. Mit der Verlängerung der Laufzeit für Gruve 7 stand die Frage im Raum, ob dann nicht doch das Kohlekraftwerk noch weiter betrieben werden sollte, bis eine echte emissionsfreie Lösung vorliege. Der örtliche Verwaltungsausschuss will aber daran festhalten, das Kraftwerk zu schließen.

Viele Bewohner Longyearbyens halten das für falsch, den Kommentaren auf Facebook und der Abstimmung bei Svalbardposten nach zu urteilen. Sie würden lieber das Kraftwerk weiterlaufen lassen, mit dem Brennstoff, den es vor Ort gibt – zu einem günstigen Preis. Die örtliche Arbeiterpartei ist gespalten und ruft zur Sondersitzung vor der endgültigen Entscheidung am 15. November.

Immer Unsicherheit – entweder Reparaturen oder Preisentwicklung

Einfach nur „weiter so“ ist allerdings auch bei dem zunehmend störungsanfälligen Kohlekraftwerk nicht möglich, berichtet Svalbardposten. Dort bestehe Unsicherheit über die zukünftigen Kosten für Wartung und Reparatur. Beim Diesel wiederum bestehe die Unsicherheit in der Preisentwicklung. Der Ortsvorsitzende Arild Olsen hebt an anderer Stelle die Versorgungssicherheit hervor, die in Longyearbyen besonders wichtig sei: „Hätten wir ein Kohlekraftwerk, von dem wir wüssten, dass es noch viele Jahre problemfrei läuft, hätten wir vielleicht nicht so viel über die Energieumstellung geredet“. Wie dumm es kommen kann, zeigte sich gerade, als das Kohlekraftwerk zur Wartung abgestellt war, und auch der Reserve-Diesel ausfiel. Dagegen ist Longyearbyen aber bald gesichert: Gerade werden sechs riesige Batterien installiert, die Longyearbyen eine Stunde lang versorgen können.

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Zwei Jahre länger Kohlebergbau in Longyearbyen

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