LKAB geht den nächsten Schritt zum fossilfreien Erz

Schweden. Eine fossilfreie Stahlherstellung im industriellen Maßstab ist nach heutigem Wissenstand möglich. Den Rohstoff dazu, fossilfrei produzierten Eisenschwamm, will das Bergbauunternehmen LKAB liefern: Insgesamt umgerechnet rund 40 Milliarden Euro sollen in die Umstellung der Produktion gesteckt werden. Der Haken: Für den Prozess wird sehr viel fossilfreie Energie benötigt.

LKAB Bohrrigg

Bohrrigg unter Tage. Foto LKAB

Die Revolution der Stahlherstellung ist bereits im Gang: Seit August wird in der Pilotananlage von HYBRIT in Luleå aus gewöhnlichen Erzpellets zunächst mithilfe von Wasserstoff Eisenschwamm hergestellt. Dabei werden Prozesse erforscht und optimiert, die bisher in dieser Größenordnung nicht getestet werden konnten. In einem weiteren Schritt kann aus dem Eisenschwamm (auch direkt reduziertes Eisen genannt) in einem Lichtbogenofen Stahl hergestellt werden. Dem Prozess kann auch Schrott beigemischt werden. Partner bei HYBRIT sind SSAB (Stahlherstellung), LKAB (Bergbau) und Vattenfall (Energieerzeugung).

Stahlwerke der Zukunft nutzen Lichtbogenöfen und Eisenschwamm

Stahlwerke der Zukunft würden für den notwendigen chemischen Prozess der Reduktion also keine Kohle und keine konventionellen Hochöfen mehr einsetzen und könnten damit ihren CO2-Ausstoss enorm reduzieren. SSAB mit seinen Hochöfen in Luleå und Oxelösund ist in Schweden allein für zehn Prozent des CO2-Ausstosses verantwortlich. Stahlwerke der Zukunft werden, darauf setzt LKAB, nur noch Lichtbogenöfen einsetzen. In diesen ließe sich der fossilfrei produzierte Eisenschwamm aus Nordschweden perfekt schmelzen. Von der Investition in die Entwicklung erwartet sich der staatseigene schwedische Bergbauriese mittel- und langfristig einen Marktvorteil. Der Umstellungsprozess soll über 15 bis 20 Jahre laufen. Weltweit sind Erz- und Stahlproduktion gemeinsam für etwa ein Viertel des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Bewährt sich die Technik, könnte dies auch andere überzeugen, auf die klimafreundlichere Variante umzusteigen.

Eisenschwamm

Eisenschwamm. Foto LKAB

Bisher wird das Erz aus den LKAB-Gruben in Kiruna, Malmberget und Svappavaara in Anreicherungswerken direkt vor Ort zu Pellets verarbeitet, die dann weiter zum Kunden transportiert werden. In einem Werk in Malmberget laufen zurzeit Versuche zur Pelletsherstellung mit Biobrennstoffen. Dies soll aber nur der Zwischenschritt und Übergangslösung sein: Langfristig setzt LKAB darauf, das Erz aus den Gruben direkt zu Eisenschwamm zu verarbeiten, der dann an die Kunden geliefert wird.

LKAB will noch tiefer nach Erz graben

Die Umstellung des Endproduktes ist wiederum nur ein Teil von LKABs Zukunftskonzept: An den großen Standorten in Nordschweden wird seit mehr als 100 Jahren Erz abgebaut. Kiruna und Malmberget sind die größte und die zweitgrößte Untertage-Erzgrube der Welt.

Kiirunavaara Kiruna

Kirunas Erzberg Kiirunavaara.

Es muss immer tiefer gegraben werden. Für diese Verfahren will LKAB mithilfe von Automatisierung neue Standards setzen. Dabei ist sich Geschäftsführer Jan Moström sicher, dass sich die Investition lohnt: Die Prospektierungen seien vielversprechend ausgefallen, sagte er in der Pressekonferenz gestern. Vor zwei Jahren gab es in Kiruna die schlechte Nachricht, dass die unterirdische „Erzscheibe“ doch nicht so verlief, wie man lange angenommen hatte. Daraufhin war der Boden in und um Kiruna umfangreich untersucht worden – offenbar mit einem Ergebnis, das dazu führt, dass LKAB nun bereit ist, langfristige und kostspielige Zukunftpläne zu machen. Ein weiterer Teil des Konzeptes ist, dass zukünftig aus dem Abraum Phosphor und Metalle seltener Erden herausgelöst und verarbeitet werden sollen.

Woher soll der Strom kommen?

Das Konzept hat seinen Preis: In der Endphase würden 55 Terawattstunden Strom pro Jahr für den Betrieb benötigt, zumindest nach heutigem Stand der Technik. Nun wird in Nordschweden bereits sehr viel Strom produziert, hauptsächlich in Wasserkraftwerken, zunehmend auch mit Wind. Doch 55 Terawattstunden sind eine riesige Menge. Zum Vergleich: Sämtliche Kraftwerke des Luleälv, Schwedens ertragreichstem Fluss, produzieren im Jahr insgesamt ungefähr 14-15 Terawattstunden. LKAB ist auch nicht das einzige Projekt, das den fossilfreien nordschwedischen Strom nutzen will: Auch Batteriehersteller Northvolt setzt darauf sowie HYBRIT und seine Folgeprojekte. Dieses Problem muss noch gelöst werden.

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