Island: Saubere Energie, trotzdem CO2-Spitze

Island. Strom gibt es auf Island aus Wasserkraft und Erdwärme. 100 Prozent CO2-frei. Trotzdem ist Island unter den 32 Ländern der EU und EFTA das mit den höchsten CO2-Emissionen pro Einwohner – mit dieser Nachricht überraschte gerade das isländische Statistikamt die Öffentlichkeit. An den isländischen Verbrauchern liegt dies allerdings nicht.

Aluwerk

Aluschmelzer in Straumsvik, Island. Foto Haukur Herbertsson, CC BY-NC-SA 2.0

Lange Jahre war der Spitzenreiter dieser Statistik Luxemburg, dank des Luftverkehrs. In Dänemark ist der rechnerische Durchschnittswert durch Maersk geprägt, die größte Reederei der Welt. Estland ist berüchtigt für seine Stromerzeugung durch Ölschiefer-Verbrennung. All diese Kandidaten hat der 350 000-Einwohner-Staat im Nordatlantik nun hinter sich gelassen. Die Statistiker machen dafür zwei Faktoren verantwortlich: Zum einen der gewachsene Luftverkehr, der mit 33 Prozent zum Ergebnis beiträgt, zum anderen „Metallproduktion“ (30 Prozent).

Island gehört nämlich noch in einer anderen Liga zu den Spitzenreitern. Dank der CO2-freien und vor allem günstigen Energie haben sich mittlerweile drei Aluminiumhersteller dort angesiedelt, Norðurál (Century Aluminum)  in Grundartangi, Rio Tinto  in Straumsvik und Fjarðarál (Alcoa) in Reyðarfjörður. Obwohl ihr beträchtlicher Strombedarf CO2-frei erzeugt wird, sind sie große Luftverschmutzer.  Denn zum Prozess der Aluminiumherstellung, der Schmelzelektrolyse, werden Grafitelektroden verwendet. Das Grafit, also eine Form des Kohlenstoffs, reagiert im Zuge des Prozesses mit Sauerstoff zu CO und CO2. So kommt Island zu einer Emission von 16,9 Tonnen CO2 pro Kopf im Jahr. Aluminium macht 41 Prozent des isländischen Exports aus. Inzwischen gibt es auch ein Silizium-Werk.

Klassenprimus der Nord-Länder ist Schweden mit einem Wert von 5,3 Tonnen im Jahr, was noch unter dem EU-Durchschnitt von 7,3 Tonnen liegt. Deutschland haben die Isländer nicht in ihrer Tabelle. Nach einer anderen Quelle liegt der rechnerische CO2-Ausstoss pro Kopf bei 9,5, dabei ist aber fraglich, ob hier dieselben Methoden benutzt wurden. Eine EU-Liste führt Deutschland 2015 mit rund 12 Tonnen, allerdings passen die vergleichbaren Zahlen zwar tendenziell, aber nicht ganz genau zu denen der Isländer.

Haushalte: EU Durchschnitt bei 1,69 Tonnen pro Person

Gunnuhver

CO2-freie Stromerzeugung auf Island: Thermalgebiet Gunnuhver mit Kraftwerk, Reykjanes

Die isländischen Statistiker haben auch die Emissionen der Haushalte allein berechnet. Hier geht es unter anderem um Autoverkehr und Heizmethoden. Dabei liegt Island dann mit 1,73 Tonnen pro Kopf auf Platz 9 von 32,  nur wenig über dem EU-Durchschnitt (1,69 Tonnen). Die anderen nordischen Länder befinden sich alle im unteren Drittel. Die Schweiz liegt bei 2,2 Tonnen, Österreich bei 1,62 Tonnen.

Eine Vermutung der Statistiker: Isländer hatten nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch 2008, ausgelöst durch die Bankenkrise, eine Zeit lang weniger Möglichkeiten, neue, sparsamere Autos zu kaufen. Die Regierung könnte Vorreiter werden, das zu ändern: Premierministerin Katrín Jakobsdóttir hatte erst vor kurzem angekündigt, eine Umstellung der Dienstwagen auf Elektroautos zu prüfen.

Mehr zu Strom und Industrie auf Island:

Dieser Beitrag wurde unter Energie, Finnland, Island, Klima, Norwegen, Schweden veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert