Island: Pferdeherde seit 70 Jahren isoliert – schon eine eigene Art?

Island. Einige Eingeweihte wussten schon länger davon, aber für die meisten war die Nachricht eine Überraschung: Seit rund 70 Jahren lebte eine kleine Pferdeherde völlig ohne Kontakt zu anderen Pferden und mehr oder weniger sich selbst überlassen in Südisland. Die Tiere sind bei bester Gesundheit – aber etwas kleiner als das typische Islandpferd und möglicherweise sogar genetisch deutlich entfernt. Darüber berichteten Bændablaðið und Iceland Review.

Islandpferde

 Heutige Islandpferde (nicht die beschriebene Herde)

Die kleine Herde umfasst sieben Stuten und einen Hengst zwischen vier und 18 Jahren, fast alles Schecken bis auf eine Fuchsstute. Sie gehen offenbar zurück auf zwei Stuten, die um 1950 auf dem Hof Botnar im Meðalland abgefohlt hatten und erneut tragend waren. Die Gegend hat eine spezielle Geschichte: Über die fruchtbare südisländische Ebene brachen 1783/1984 die Skaftáreldar herein, ein Vulkanausbruch aus der Spalte der Laka-Krater westlich des Vatnajökull. Der Ausbruch dauerte acht Monate und hatte schlimme Folgen für die ganze Insel. Die Lava floss Richtung Meer. Auf der Ringstraße passiert man heute das Lavafeld „Eldhraun“, auch „Skaftáreldahraun“ genannt. Doch die Lava kam nicht ganz bis zum Meer. Ein Streifen Land blieb frei.

Entspannt und deutlich kleiner als heutige Islandpferde

In dieser Gegend lebte also die kleine Herde seit 70 Jahren wild und abgeschieden von anderen Pferden, soweit bekannt. Und kam offenbar gut damit zurecht. Das Islandpferd ist eine genügsame Rasse. Und Abnutzung an der Lava sorgte dafür, dass die Hufe nicht zu lang wurden. Die Tiere sind mit etwas 120 Zentimetern Stockmaß kleiner als heutige Islandpferde. Der neue Besitzer meint zu Bændablaðið, sie sähen aus wie die Pferde früher und seien auffällig ruhig. Sie seien entspannt im Umgang mit Menschen, obwohl nur der Bauer von Botnar sie regelmäßig besucht hatte.  Sie ließen sich auch ohne Probleme einfangen und in den Hänger verladen. Nun befinden sie sich beim neuen Besitzer, einem Züchter in der Nähe von Hella, und werden zunächst nur beobachtet. Natürlich draußen. Der Tierarzt bescheinigte ihnen einen guten Zustand.

Eine eigene Art?

Für Züchter wie Genetiker ist die kleine Herde äußerst interessant: Inwieweit unterscheiden sie sich genetisch von heutigen Islandpferden? Ist das „Botnapferd“ eventuell sogar schon eine eigene Art? Sind dort eventuell Eigenschaften bewahrt, die durch die jüngste Zucht mit Blick auf den Reitsport verloren gingen? Vermutlich aufgrund der Inzucht gab es in der Herde nur wenige Nachkommen, obwohl ein Hengst dabei ist. Der neue Besitzer will nun versuchen, die jüngeren zu zähmen und die Stuten von einem nicht verwandten Hengst decken zu lassen.

Für mehr genetische Vielfalt

Nach Island dürfen keine Pferde importiert werden. Isländische Pferde dürfen auch nicht mehr zurück, wenn sie einmal im Ausland waren. Dadurch sollen Krankheiten von der Insel ferngehalten werden. Die bewusste Zucht auf bestimmte Ziele habe aber auch dazu geführt, dass es weniger genetische Vielfalt gebe, so eine Genetikerin in Bændablaðið. Ein genetischer Zugang „aus der Vergangenheit“ könnte deshalb willkommen sein.

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