Grönland. Eisbären sind das Symbol für eine Spezies, die vom Klimawandel bedroht ist. Gleichzeitig gibt es noch große Lücken im Wissen um Eisbären und ihre Überlebenstaktiken. Ein internationales Forschungsprojekt hat nun festgestellt, dass die Eisbären in Südostgrönland ein eigener Bestand sind – sogar einer, der genetisch besonders stark von den anderen isoliert ist. Die Studie von Hauptautorin Kristin Laidre und ihrem Team ist gestern in Science erschienen.
Bisher unterschied man 19 verschiedene Eisbären-Subpopulationen. Einige sind relativ gut überwacht, bei anderen ist das aufgrund der abgeschiedenen geografischen Lage schwer möglich. Die neue Studie weist nun nach, dass die ostgrönländische Subpopulation tatsächlich zwei getrennte Gruppen sind, die sich nicht vermischen. Für die jüngste Bestandsaufnahmen arbeiteten Forscher aus den USA, Grönland und Norwegen zusammen. Das Projekt begann bereits 2014 mit Interviews mit ostgrönländischen Jägern. Diese trugen auch mit Gewebeproben von ihren Fängen zur DNA-Sammlung bei. Später wurde die gesamte Küste abgeflogen, einige Bären erhielte GPS-Sender und es wurden weitere Gewebeproben zur DNA-Analyse genommen.
Isoliert seit mehreren Hundert Jahren
Dass es in Südostgrönland einen kleinen Bestand gibt, der nicht mit dem großen ostgrönländischen weiter nördlich in Verbindung steht, liegt nach Ansicht der Forscher an der schwierigen Topografie, eingeklemmt zwischen Gebirge und Inlandeis im Westen, dem offenen Meer Richtung Island und dem schnell fließenden, südgehenden Ostgrönlandstrom. Diese Eisbären wandern weniger als ihre Artgenossen anderswo. Von den 27 Tieren mit GPS-Sender driftete allerdings die Hälfte zeitweise auf Schollen mit dem Ostgrönlandstrom nach Süden, bis zu 190 Kilometer. Sie konnten aber „abspringen“ und über Land zurück zum Heimatfjord laufen.
Nach den genetischen Untersuchungen soll diese Isolation bereits seit mehreren Hundert Jahren bestehen. Sie unterscheiden sich stärker genetisch von ihren Nachbarn als alle anderen Eisbärbestände.
Überleben dank Gletschereis
Die südostgrönländischen Eisbären – einige Hundert Tiere zwischen 60 und 64 Grad Nord – haben dabei mit sehr speziellen Bedingungen zu kämpfen: Das Meereis, das sie brauchen, um erfolgreich Robben zu jagen, liegt so weit südlich vergleichsweise kurz, zwischen Februar und Ende Mai. Wie die Wissenschaftler herausgefunden haben, nutzen diese Bären jedoch außerdem das Eis der lokal ins Meer kalbenden Gletscher, um zu ihrer Beute zu kommen.
Als Rezept für Eisbären anderswo im Zuge des Klimawandels hilft das nur bedingt: Vergleichbare Verhältnisse mit Fjorden und Gletschern, die ins Meer münden, gibt es nur in Grönland und auf Spitzbergen. (Weitere Quellen: NSIDC, Pingortitaleriffik, Sermitsiaq)
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